Russischer Ansturm

25.000 Waffen an Einwohner in Kiew ausgegeben

Ausland
28.02.2022 10:51

Angesichts des erwarteten russischen Ansturms auf Kiew bereiten sich die Einwohner der ukrainischen Hauptstadt vor. An jeden, der bereit ist, die Stadt zu verteidigen, werden Sturmgewehre ausgegeben. Laut dem Bürgermeister Vitali Klitschko wurden rund 25.000 Waffen an Zivilisten ausgeteilt. Der Kampfeswille ist offenbar enorm. Allerdings gibt es angesichts der Warnungen vor getarnten russischen Saboteuren auch Bedenken, unerfahrene Bürger zu bewaffnen.

Das sei ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor, so ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der immer noch in Kiew ist. „Wenn da unter diesen Tausenden auch Veteranen sind, haben die eine Ahnung, wie man mit einer Kalaschnikow umgeht, aber wenn dort viele sind, die keine Ahnung haben, dann ist das eher eine größere Gefährdung für die Mitmenschen als gegen die Russen“, erklärte Wehrschütz im Ö1-„Morgenjournal“. Die Kampfkraft gegen ausgebildete Truppen sei „minimal“, betonte er. „Ich halte das für einen ausgesprochen fragliche Vorgangsweise, die sich, wenn irgendwann wieder Frieden einkehrt, sehr negativ bemerkbar machen kann“, erklärt Wehrschütz.

Die Nacht in Kiew war demnach weitgehend ruhig. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs soll es in den Außenbezirken Versuche von russischen Streitkräften gegeben haben, durchzubrechen. Diese Angriffe seien aber abgewehrt worden. In den Morgenstunden am Montag habe es kurz Fliegeralarm gegeben, Angriffe seien aber keine hörbar gewesen, schildert der Journalist die Lage.

„Kiew gleicht einer Geisterstadt“
In der Nacht herrschte eine Ausgangssperre, die erst am Montag um 8 Uhr früh aufgehoben wurde. Viele Menschen würden noch immer versuchen, über den Bahnhof die Stadt zu verlassen. Genaue Angaben dazu, wie viele das sind, gibt es aber nicht. Zu Anfang der russischen Invasion gab es Massenstaus, durch die Kämpfe gab es dann in den Städten viel weniger Verkehr. „Kiew gleicht weitgehend einer Geisterstadt“, so Wehrschütz.

Viele Menschen suchen, wo es geht, Schutz, etwa in den U-Bahn-Stationen. „Leute sitzen auch in Kellern, es gibt auch Krankenhäuser, wo man die Kranken in den Keller verlegt hat und dort behandelt, soweit das möglich ist“, schildert der ORF-Korrespondent. Den meisten bleibt aber nichts Anderes übrig, als in den Häusern und Wohnungen zu bleiben. „Die Stadt hat drei Millionen Einwohnern, soviel Platz gibt es in den U-Bahn-Schächten nicht“, sagt Wehrschütz.

Keine Kerzen oder Taschenlampen mehr zu kaufen
Auf die zivile Infrastruktur der ukrainischen Hauptstadt gab es noch keinen Großangriff, Strom und Internet funktionieren noch, genauso wie die Wasserversorgung. Viele bereiten sich aber darauf vor, dass die Versorgung unterbrochen wird: Wie schon in den vergangenen Tagen gab es auch Montagfrüh lange Warteschlangen vor den Supermärkten. Es gebe praktisch keine Kerzen und Taschenlampen mehr zu kaufen, erklärt Wehrschütz.

Auch er selbst und seine Mitarbeiter haben sich bestmöglich vorbereitet: Man habe genug Kerzen, Taschenlampen und Lebensmittel. Im Ernstfall will man sich in die österreichische Botschaft absetzen. Eine Flucht bei einem tatsächlichen russischen Einmarsch in die Stadt sei riskant, erklärt Wehrschütz. Zu versuchen, durch Frontlinien durchzubrechen und aus der Stadt rauskommen sei für Zivilisten ohne klare Lagebilder „Selbstmord“.

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