Was für ein Tauziehen um eine App, mit der Schüler ihre Lehrer bewerten können! Zuerst war sie erfolgreich online, dann klagte ein Lehrer wegen Verletzung des Datenschutzes. Gab ihm das Oberlandesgericht Wien noch Recht, revidierte dieses Urteil nun der Oberste Gerichtshof. Es geht nämlich um die Meinungsfreiheit - von Schülerinnen und Schülern!
Benjamin Hadrigan betrieb die von vielen bejubelte „Lernsieg“-App - und musste um den Fortbestand seiner Erfindung lange bangen. Denn Lehrer mit Nähe zur Gewerkschaft hatten die App im Stakkato geklagt, obwohl Datenschutzbehörde, das Bundesverwaltungsgericht und auch die erste Zivilinstanz keine Probleme damit hatten.
Das Oberlandesgericht Wien war dann anderer Meinung: Es sei nicht sichergestellt, dass die Bewertungen nur von Schülern der bewerteten Lehrer stammten. Es bestehe daher die „Gefahr der unsachlichen Stimmungsmache“.
Bei Berufsausbildung weniger Schutz
Der Oberste Gerichtshof als Höchstinstanz aber lässt die Bewertung mit Sternchen in den Kategorien Unterricht, Fairness, Respekt, Motivationsfähigkeit, Geduld, Vorbereitung, Durchsetzungsfähigkeit und Pünktlichkeit zu! Die Grundrechte des Klägers auf Datenschutz, Anonymität, Privatsphäre, Ehre und guten Ruf wurden dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit des App-Betreibers gegenübergestellt - und bei der Berufsausübung gilt aber ein geringerer Schutz vor öffentlichen Äußerungen als bei der Privatsphäre!
Zwar könne ein „gewisser Missbrauch“ (also dass z. B. gar nicht Schüler, sondern deren Eltern bewerten) nicht ausgeschlossen werden, so der OGH, der aber nur durch eine namentliche Registrierung der User - sprich Schüler - vermieden würde. Das würde aber wiederum deren Meinungsfreiheit einschränken, überhaupt eine Bewertung abzugeben. Die Höchstrichter entschieden, dass die Einschränkung der Rechte des Klägers durch die Missbrauchsmöglichkeit weniger schwer wiegen als die Einschränkung der Meinungsfreiheit, etwa wenn eine solche App überhaupt nicht betrieben werden darf!
Die „Lehrer-App“ wird also nach den Semesterferien wohl zum Glühen kommen - man darf dem Lehrpersonal viele gute Sternchen wünschen!
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