Nach Bin-Laden-Tod

Dutzende Tote bei Doppelanschlag in Pakistan

Ausland
13.05.2011 11:02
Bei zwei verheerenden Selbstmordanschlägen auf Rekruten sind am Freitag im Nordwesten Pakistans mindestens 80 Menschen getötet worden. Nach Krankenhausangaben wurden über 100 weitere Personen verletzt, 15 davon schweben in Lebensgefahr. Ziel des Angriffs war laut Polizei ein Ausbildungszentrum von Sicherheitskräften in Charsadda nahe der Stadt Peshawar an der Grenze zu Afghanistan. Die Taliban bekannten sich zu den Attentaten und erklärten: "Das war die erste Rache für Osamas Märtyrertod."

Es war der bisher tödlichste Anschlag in Pakistan in diesem Jahr und der erste schwere Anschlag nach der Tötung des Chefs des Al-Kaida-Terrornetzwerks durch US-Spezialkräfte vor elf Tagen in der pakistanischen Stadt Abbottabad.

Taliban kündigen weitere Anschläge an
Die Taliban übernahmen die Verantwortung für den Doppelanschlag. Taliban-Sprecher Ehsanullah Ehsan erklärte: "Dieser Angriff wurde ausgeführt, um Rache für das Märtyrertum von Osama bin Laden und für die Grausamkeiten der pakistanischen Sicherheitskräfte in den Stammesgebieten zu üben." Zudem kündigte er gegenüber der Nachrichtenagentur AFP am Telefon weitere "größere Attacken" in Pakistan und Afghanistan an: "Unsere Sicherheitskräfte haben sich mit den Amerikanern verbündet. Wir warnen die Menschen davor, ihren Kindern zu erlauben, zur pakistanischen Armee oder den paramilitärischen Truppen zu gehen."

Nach Bin Ladens Tod hatten Al Kaida und die pakistanischen Taliban (Tehrik-e-Taliban Pakistan/TTP) geschworen, die "Ermordung" des Terrorpaten durch eine US-Spezialeinheit in der Nacht zum 2. Mai in Pakistan zu rächen. Die TTP ist ein Zusammenschluss von mehr als einem Dutzend militanter Gruppen.

Rekruten wollten gerade auf Urlaub fahren
Bei dem Doppelanschlag vor dem Camp der paramilitärischen Polizeieinheit Frontier Constabulary (FC) seien fast ausschließlich Rekruten getötet worden, nur drei Opfer seien Zivilisten gewesen, sagte Nisar Khan Marwat, der Polizeichef des Distrikts. Die paramilitärischen Sicherheitskräfte werden vor allem im Kampf gegen Aufständische in den Stammesgebieten an der afghanischen Grenze eingesetzt und sind immer wieder Ziel von Anschlägen.

Nach FC-Angaben wollten sich am Freitag mehr als 800 Rekruten nach Abschluss ihrer Ausbildung auf den Weg in einen kurzen Heimaturlaub machen. Polizeisprecher Jehanzeb Khan sagte, die jungen Männer hätten gerade ihr Gepäck in Busse außerhalb des Lagers verladen, als die beiden Selbstmordattentäter auf einem Motorrad angekommen seien. Einer der Attentäter sei abgestiegen und habe sich versteckt. Der andere habe sich an den Bussen in die Luft gesprengt. Als sich Menschen am Anschlagsort versammelten, um Hilfe zu leisten, habe der zweite Attentäter seinen Sprengstoff in der Menge gezündet. Die Sicherheitskräfte riegelten den Tatort in der Region Shabqadar, rund 30 Kilometer nördlich von Peshawar, ab.

In Pakistan wurden in den vergangenen vier Jahren mehr als 4.300 Menschen bei Bombenanschlägen getötet. Die meisten der Anschläge ereignen sich im Nordwesten des Landes, der als Hochburg islamistischer Kämpfer und als Rückzugsgebiet der Taliban und Al-Kaida gilt.

USA setzen Drohnen-Angriffe in Pakistan fort
Indes setzen die USA trotz massiver Spannungen zwischen Washington und Islamabad ihre Drohnen-Angriffe auf Aufständische im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan mit unverminderter Härte fort. Beim dritten Angriff unbemannter Flugzeuge seit der Eliminierung von Bin Laden seien am Donnerstag fünf Mitglieder des Hakkani-Netzwerks getötet worden, sagte ein pakistanischer Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte. Die Drohne habe im Stammesgebiet Nord-Waziristan zwei Raketen auf ein Fahrzeug abgefeuert.

Das vom afghanischen Warlord und Mujaheddin Jalaluddin Hakkani gegründete Hakkani-Netzwerk organisiert vom Stammesgebiet Nord-Waziristan aus Angriffe auf NATO-Truppen im benachbarten Afghanistan. Die US-Regierung drängt Islamabad seit Langem, gegen die Extremisten in Nord-Waziristan vorzugehen. Die pakistanische Armee argumentiert, sie sei dafür wegen der Einsätze gegen radikal-islamische Aufständische in anderen Regionen im Land zu überlastet. Die USA hatten Badruddin Hakkani, einen Sohn von Jalaluddin Hakkani, am Mittwoch auf ihre Terrorliste gesetzt. Auf der Liste stehen auch Jalaluddins Vater und Bruder Sirajuddin Hakkani, der die Operationen des Netzwerks führen soll.

Das Verhältnis zwischen Washington und Islamabad war bereits vor der eigenmächtigen Tötung Bin Ladens durch US-Sondereinheiten auf pakistanischem Territorium angespannt. Danach verschlechterte es sich noch weiter. Die Drohnen-Einsätze schüren die anti-amerikanische Stimmung in Pakistan. Offiziell verurteilt die Regierung in Islamabad die Angriffe. Unter der Hand räumt der Geheimdienst ISI aber ein, dass die Armee die Amerikaner mit Zieldaten versorgt.

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