Sechs Jahre nach dem Flüchtlingsdrama auf der Ostautobahn mit 71 Toten schockt die nächste Schlepper-Tragödie das Land. Am Dienstagnachmittag erstickten zwei Migranten an unserer Grenze zu Ungarn, zusammengepfercht mit 26 anderen jungen Männern - allesamt Kurden und Syrer -, hilflos. Voller Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa endete ihre Fahrt auf dem dreckigen Boden eines Kleinbusses, der von skrupellosen Schleusern mit „menschlicher Fracht“ vollgestopft war ...
Aufmerksamen Soldaten einer Bundesheer-Patrouille war das Fahrzeug unmittelbar an unserer Staatsgrenze im Burgenland im Gemeindegebiet von Siegendorf Puszta im Bezirk Eisenstadt/Umgebung aufgefallen. Als sie den gelben Kastenwagen stoppten, rannte der Lenker einfach davon und ließ die Flüchtlinge im Laderaum zurück.
Verdächtiger soll bewaffnet sein
Laut Angaben der Migranten soll der bisher noch unbekannte Mann sogar mit einer Pistole und einem Messer bewaffnet sein. Eine Hundertschaft an Polizisten war bei der Fahndung nach ihm stundenlang mit ungarischen Kollegen grenzüberschreitend im Einsatz.
Größere Katastrophe durch Einsatz verhindert
Währenddessen spielten sich beim Kleinbus schockierende Szenen ab. Denn die Einsatzkräfte konnten offenbar im letzten Moment eine noch größere Katastrophe verhindern, als ihnen taumelnde Menschen halb erstickt in die Arme fielen. Für zwei Flüchtlinge kam aber jede Hilfe zu spät. Sie konnten trotz Reanimationsversuchen nicht mehr ins Leben zurückgeholt werden. Die beiden Männer dürften sich allerdings schon vor der Fahrt in einem schlechten körperlichen Zustand befunden haben. Sie sollen zwischen 25 und 30 Jahre alt gewesen sein.
Die genaue Todesursache der beiden Flüchtlinge ist noch Gegenstand der Ermittlungen. „Wir konnten Schlimmeres verhindern“, meinte jedenfalls Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt.
Bei den Migranten habe es sich laut Polizei um Syrer und Kurden gehandelt. Im Fahrzeug befanden sich keine Frauen und Kinder.
Reaktion aus der Politik
In einer ersten Reaktion sprach Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) den Angehörigen der Opfer ihr „tiefes Mitgefühl“ aus. Dies sein ein „trauriges Zeugnis dafür, wie notwendig der Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten gegen die Schlepperei ist“.
Innenminister Karl Nehammer: „Meine Gedanken gelten den Opfern und deren Angehörigen. Diese schreckliche Tat zeigt eines klar auf: Der Tod eines oder mehrerer Menschen wird von Schleppern bewusst in Kauf genommen. Schlepperei gehört zu den menschenverachtendsten Formen der organisierten Kriminalität. Der Einsatz an der burgenländischen Grenze ist eine wichtige Maßnahme dagegen. Allein heuer hat die Polizei mehr als 250 Schlepper festgenommen.“
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil: „Die Parallele zur Flüchtlingstragödie von Parndorf 2015 mit 71 Toten ist erschreckend und zeigt einmal mehr die ganze Brutalität und Unmenschlichkeit der organisierten Schlepperkriminalität auf. Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir brauchen eine gesamteuropäische Reform des Asylwesens, die Asylverfahren außerhalb Europas ermöglicht und verhindert, dass Menschen sich auf gefährliche Fluchtwege begeben müssen.“
Nach der Corona-Atempause verzeichnen die heimischen Behörden seit dem Sommer wieder stark ansteigende Flucht-Zahlen. Die Machtübernahme durch die Steinzeit-Taliban in Afghanistan hat die Migrationskrise noch verschärft. Die EU verzeichnete etwa im August wieder genauso hohe Asylantragszahlen wie vor der Virus-Pandemie.
Im Kampf gegen die neue Schlepperwelle hatten Innen- und Verteidigungsministerium - wie berichtet - mehr Soldaten bzw. Polizisten an die burgenländische Ostgrenze abkommandiert. Der Strom von illegalen Übertritten aus Ungarn riss in den vergangenen Wochen jedenfalls nicht ab.
Sicherheitsexperten rechneten mit Tragödie
Immer wieder stoppten Bundesheer oder Exekutive lebensgefährliche Schlepperfahrten mit größeren Gruppen. Seit Beginn dieses Jahres wurden rund 13.000 Flüchtlinge im Burgenland aufgegriffen. Für Sicherheitsexperten war eine solche Tragödie eigentlich nur mehr eine Frage der Zeit. Jetzt ist es passiert.
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