„Babyboomer“ in Rente

Trotz Zuzug: Verzweifelte Suche nach Fachkräften

Wirtschaft
16.10.2021 06:00

Im Jahr 2022 schrumpft in Österreich erstmals die Bevölkerung, die sich im erwerbsfähigen Alter befindet. Trotz Zuzug aus dem Ausland wird es für Betriebe wohl noch schwieriger, geeignetes Personal zu finden.

Es ist die „Babyboomer“-Generation, die begonnen hat, in den Ruhestand zu gleiten. Erstmals seit 1945 wird daher die Zahl der Menschen im „erwerbsfähigen Alter“ (laut statistischer Definition die 15- bis 64-Jährigen, aktuell etwa 5,9 Millionen) schrumpfen. Zwar nur um 5900 (siehe Grafik unten), doch es ist eine Trendwende.

Zum Glück steigt noch die Zahl der Erwerbspersonen. Das sind diejenigen, die entweder Arbeit haben oder welche suchen, heuer etwa 4,5 Millionen Menschen. Das hat laut dem Wifo-Experten Stefan Schiman vor allem zwei Ursachen:

Zum einen die höhere Beschäftigungsquote bei Frauen, sie steigt seit Jahren. Schiman: „Wir beobachten zum Beispiel auch, dass die Verweilzeiten in der Karenz zuletzt kürzer geworden sind.“

Zum anderen bewirkten die Pensionsreformen der Vergangenheit, dass Männer jetzt etwas länger im Arbeitsprozess bleiben. „Die Frühpensionen wurden erschwert, und man hat durch Schulungen die Qualifikationen erhöht, daher stieg die Beschäftigungsdauer.“

Dann gibt es noch die Differenz zwischen den 5,9 Millionen theoretisch Erwerbsfähigen und den 4,6 Millionen, die es tatsächlich sind. Die bezeichnen Wirtschaftsforscher als jene Gruppe, die außerhalb des Arbeitsmarktes steht („Out of labour force“), weil sie noch in Ausbildung oder nicht arbeitsfähig sind.

Der zusätzliche Bedarf an Arbeitskräften in Österreich kann schon seit Jahren nur durch Zuwanderung abgedeckt werden. Vor Corona wurden pro Jahr rund 50.000 Ausländer neu in heimischen Betrieben aufgenommen. Doch 2020 brachte einen kräftigen Knick mit einem Minus von 22.000. Dazu kam es auch noch zu einer Abwanderung aus Branchen, wie etwa dem Tourismus. Jetzt hat sich das wieder normalisiert.

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Einige Bereiche haben ein Rekrutierungsproblem, weil die Beschäftigten während der Pandemie Zeit hatten, sich neu zu orientieren.

Stefan Schiman (Wifo)

Schiman: „Einige Bereiche haben ein Rekrutierungsproblem, weil die Beschäftigten während der Pandemie Zeit hatten, sich neu zu orientieren.“ Viele sind z.B. in Pflegeberufe gewechselt, wo der Bedarf riesengroß ist. Andere haben in ihrer Heimat Arbeit gefunden und kehrten nicht mehr nach Österreich zurück.

Wohl noch mehr Zuzug aus dem Ausland notwendig
Die Zahl der Beschäftigten ist heuer um 82.000 gestiegen. „Davon sind allerdings 72.000 frühere Arbeitslose“, erklärt Schiman. Der Bedarf wurde daher großteils aus den Erwerbspersonen im Inland gedeckt. Läuft die Wirtschaft weiter so gut, wird man die nächsten Jahre wohl mehr Zuzug aus dem Ausland für die Besetzung offener Stellen benötigen. Manche werden auch höhere Löhne bieten müssen.

Eine gewisse Erleichterung auf dem Arbeitsmarkt könnte es ab 2024 geben. Schiman: „Da beginnt das Frauenpensionsalter in Österreich zu steigen.“ Das könnte dafür sorgen, dass es zusätzlich zum Zuzug mehr Erwerbspersonen gibt.

Manfred Schumi
Manfred Schumi
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