Zivilisten im Visier

Afghanistan: UNO berichtet von Massenhinrichtungen

Ausland
24.08.2021 11:38

Nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan werden schwere Verletzungen von Menschenrechten aus dem Krisenstaat gemeldet. Darüber berichtete am Dienstag in Genf die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, bei einer Sondersitzung des UNO-Menschenrechtsrats zur Lage in Afghanistan. Nach diesen Berichten gab es Massenhinrichtungen von Zivilisten und ehemaligen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte. So kursiert etwa ein Video im Netz, das die Ermordung eines Polizeichefs durch die Taliban zeigt.

Auch für Frauen ist die Machtübernahme der Gotteskrieger mit massiven Beschränkungen ihrer Rechte verbunden. So sagte Bachelet, der Bewegungsspielraum von Frauen sei in manchen Regionen eingeschränkt worden, Mädchen dürften teils nicht mehr zur Schule gehen. Friedliche Proteste würden unterdrückt und Minderjährige zum Waffendienst geholt. Die Berichte seien glaubhaft, betonte sie.

„Tötungen und gezielte Anschläge“
„Es bestehen gravierende Risiken für Frauen, Journalisten und die neue Generation von Leitfiguren der Zivilgesellschaft, die in den vergangenen Jahren in Erscheinung traten“, sagte Bachelet. „Afghanistans unterschiedliche ethnische und religiöse Minderheiten sind ebenfalls der Gefahr von Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt, bedenkt man die Muster schwerer Menschenrechtsverletzungen unter Taliban-Herrschaft in der Vergangenheit und Berichte über Tötungen und gezielte Anschläge in den vergangenen Monaten.“

Dass mit den radikalen Gotteskriegern nicht gut Kirschen essen ist, zeigt ein im Internet kursierendes Video, welches die Ermordung von Polizeichef Haji Mullah Achakzai zeigt. Er war bis zur Machtübernahme durch die Taliban Polizeichef der Provinz Badghis im Nordwesten Afghanistans. Die Aufnahmen zeigen ihn auf dem Boden kniend, gefesselt und mit verbundenen Augen. Kurz darauf werden mehrere Gewehrsalven auf Achakzai abgefeuert, anschließend schießt ihm ein Taliban-Kämpfer noch mehrmals in den Kopf.

EU: Hilfsgelder „bei Achtung der Menschenrechte“
Die EU hat unterdessen ihre Hilfsgelder für afghanische Staatsbürger auf mehr als 200 Millionen Euro erhöht. Das hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag auf Twitter angekündigt. Ein EU-Vertreter fügte hinzu, zur Bedingung für die Auszahlung werde die Achtung der Menschenrechte und insbesondere der Rechte von Frauen gemacht. Danach werde entschieden, ob das Geld direkt nach Afghanistan oder in benachbarte Regionen fließe.

Evakuierungsmission wird wohl nicht verlängert
Indes bezeichnete der britische Verteidigungsminister Ben Wallace eine Verlängerung der Evakuierungsmission in Afghanistan als unwahrscheinlich. Dennoch plane Großbritannien, für einen verlängerten Einsatz zu werben, sagte Wallace am Dienstag dem Nachrichtensender Sky News vor einem virtuellen Treffen der G7-Staats- und Regierungschefs. Gleichzeitig gestand er ein, dass die Sicherheitsrisiken immer höher werden. Terrorgruppen wie der Islamische Staat seien darauf aus, den Westen aus Afghanistan hinauszujagen. „Wir wären sehr verletzlich, sollte ein Terrorist zuschlagen“, sagte er.

Aus dem Büro des französischen Außenministers Jean-Yves Le Drian hieß es, dass „unser Einsatz Donnerstagabend endet“, wenn die USA an ihrem Abzugsplan festhielten. Frankreich hat seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Kabul am 15. August fast 2000 französische Staatsbürger, afghanische Ortskräfte und afghanische Aktivisten aus dem Land ausgeflogen.

Der Flughafen in Kabul ist der einzige Teil des Landes, der noch unter der Kontrolle der westlichen Militärallianz steht. Doch die Zeit wird knapp. Am 31. August sollen alle ausländischen Truppen das Land verlassen haben. Die militant-islamistischen Taliban, die nun weite Teile einschließlich der Hauptstadt kontrollieren, wollen eine Verlängerung der Mission nicht akzeptieren. Viele Menschen, die wegen ihrer Tätigkeit für die afghanische Regierung, westliche Streitkräfte oder ihr Engagement für Menschenrechte mit Vergeltungsaktionen der Taliban rechnen müssen, müssen dann ihrem Schicksal überlassen werden, so die Befürchtung.

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