Der Sportgipfel am Freitag hat keine Zusage für weitere Öffnungsschritte im Breitensport gebracht. Am Montag will die Regierung über weitere Lockerungen beraten, Sportminister Werner Kogler will aber „keine Garantien abgeben“. Die Interessensvertretung Sport Austria hofft dennoch auf ein schrittweises Hochfahren des gesamten Breitensports - innen wie außen, mit und ohne Kontakt - bis Ostern. Viele Sportvereine, Unternehmer und Trainer zittern indes vor dem Ruin - einer von ihnen ist der Wiener Taekwondo-Trainer Arndt Böhm. Er fordert Öffnungen, verbunden mit Tests und weiteren Vorsichtsmaßnahmen.
Sein Trainingscenter geschlossen, bevor er es überhaupt aufsperren konnte - die Corona-Krise hat den Wiener Taekwondo-Trainer Arndt Böhm hart getroffen. 2019 kam der gebürtige Deutsche aus der Schweiz nach Wien, trainierte Taekwondo-Schüler eingemietet in einem Sportcenter und war nebenbei auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, um sich den Traum von einer eigenen Taekwondo-Schule erfüllen. Dann kam im März 2020 die Corona-Pandemie endgültig in Österreich an, die Sportstudios mussten schließen, die Schulpläne lagen auf Eis.
Als die Lage im Mai besser wurde, begann der 51-jährige wieder zu planen. Im Juni 2020 fand er endlich geeignete Räumlichkeiten im 19. Wiener Gemeindebezirk für eine Schule, die Planungen begannen, der Baubeginn musste aber wegen des zweiten Lockdowns verschoben werden. Seit November hat Böhm wegen des Lockdowns kein Einkommen. Weil er erst seit 2019 in Österreich als Taekwondo-Trainer tätig ist, kann er als Selbstständiger außer dem Mindestsatz aus dem Härtefallfonds und dem Comeback-Bonus nichts geltend machen. Zwar hat der Besitzer der Räumlichkeiten in einem gewissen Rahmen bei der Miete eingelenkt, Strom und sonstige Nebenkosten muss er aber trotzdem monatlich zahlen.
„Wir werden vergessen“
Er ist wütend auf die Regierung: „Auf Ski-Wahnsinn und Fußball-Millionäre wird Rücksicht genommen, aber für uns Sportanbieter wird nichts getan - wir werden schlicht vergessen“, sagt Böhm im Gespräch mit krone.at. Der Trainer versuchte, die Regierung zum Handeln zu bewegen. In einem offenen Brief an die Regierung und relevante Vertreter im Nationalrat sowie an den Wiener Bürgermeister prangert er die „Diskriminierung einer großen Sparte“ an, „die sehr wohl systemrelevant ist“. Eindringlich fordert er die Regierung zu Öffnungsschritten für Sportvereine auf, da es für viele Menschen im Breitensport den „endgültigen Ruin“ bedeuten würde, sollte es keine Lockerung geben. Seinen Aufruf postete der Taekwondo-Trainer auch auf Facebook - er wurde dutzendfach geteilt.
Reintesten soll Indoor-Sport ermöglichen
Böhm spart nicht mit Kritik: So sei etwa die Aufforderung an die Bevölkerung, Sport zu betreiben, bei den niedrigen Temperaturen im Freien und Platzmangel in der Wohnung „absurd“. Gleichzeitig bietet er den Verantwortlichen eine Lösung in Form von detaillierten Maßnahmen an, die es bei einer Öffnung während der Pandemie bräuchte. Zentral dabei ist das Reintesten mit einem maximal 48 Stunden alten negativen Testnachweis, wie er bei den körpernahen Dienstleistungen seit 8. Februar verpflichtet ist. Die Tests hatte auch der Branchensprecher der Fitnesscenter, Christian Hörl, zur Sprache gebracht - verbunden mit der Hoffnung auf Öffnungsschritte im März.
Sicherheitskonzepte reichen nicht
Manfred Behr, Pressesprecher im Sportministerium von Werner Kogler, versteht zwar die Sorgen der Branche, für Öffnungen „gehen aber derzeit die Zahlen in die falsche Richtung“. Es werde täglich daran getüftelt, inwiefern ein Reintesten wie bei körpernahen Dienstleistern eingesetzt werden kann, momentan sei das aber noch keine Option. Der Spitzensport habe andere Kapazitäten, um die wöchentlich verpflichtenden Tests durchzuführen, so Behr.
„Diese sind selbstverständlich“, sagt der Ministeriumssprecher, angesprochen auf existierende Sicherheitskonzepte, „aber die reichen leider nicht.“ Ein Öffnen von Indoor-Anlagen sei auch bei Nichtkontaktsportarten derzeit nicht möglich: „Wenn draußen der Abstand zwei Meter ist, können wir nicht drinnen weniger erlauben.“ Sicherheitskonzepte, die Desinfizierung, genügend Abstand und begrenzte Teilnehmeranzahl beinhalteten, mussten bereits Ende Mai eingehalten werden, als Sport im Innenbereich nach dem ersten Lockdown wieder erlaubt war.
Taekwondo-Trainer Böhm nimmt die Pandemie mitsamt Ansteckungsgefahr sehr ernst und distanziert sich klar von Corona-Leugnern. Er betont aber auch, wie wichtig Sportangebote für die körperliche und psychische Gesundheit seien. Da die Politik auf seinen Aufruf aber bisher nicht reagiert hat, will Böhm weitere Lehrer, Coaches und Obleute von Sportvereinen mobilisieren und auch eine Petition initiieren.
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