Heuer vieles anders

Weihnachten, wie es noch nie zuvor war

Österreich
24.12.2020 06:00

Heiliger Abend. Österreichs Familien kommen heute zusammen - vielleicht wegen der Corona-Regeln oder der Reisebeschränkungen heuer in kleinerem Kreise. Viele setzten auf Besinnung und Eigenverantwortung. Unsere Redakteure haben landesweit nachgefragt und berührende Geschichten mitgebracht.

Miteinander in Niederösterreich
Weihnachten ist nicht nur ein Datum. Es ist die Zeit für Frieden, das Miteinander in der Familie, sehr gutes Essen und Geschenke. Noch besinnlicher als sonst verbringt die Familie Lischka ihr Weihnachtsfest in Tulln (NÖ). Bereits am 21. Dezember feierten heuer die Kinder Marvin (21) samt Freundin Lia, Julian (14), Sophie (13) und Lennie (9) vor (Bild oben), damit am Heiligen Abend kein großer Trubel in der sechsköpfigen Familie aufkommt.

„Der 24. Dezember ist ja nur ein Datum. Wichtiger ist, dass man gemeinsam mit den Geschwistern und Eltern in Ruhe Zeit verbringen kann und es auch ein paar Geschenke gibt“, erklärt „Wirbelwind“ Lennie mit Augenzwinkern. Neben dem stressigen Alltag mit Home-Schooling und ungewohnten Online-Vorlesungen auf der Uni wollen sich jetzt auch die jungen Lischkas bewusst aus dem Weihnachtstempo herausnehmen. Am Heiligen Abend wird man dann gemütlich eine Videokonferenz mit Punsch und Keksen starten. „Wir haben unseren Eltern alles installiert, jetzt kann nichts mehr schiefgehen“, so Marvin. Weihnachten ist hier nämlich mehr als ein Datum, es ist auch die Chance für ein bisschen mehr Gefühl und Zusammenhalt.

Ein Fest des Innehaltens in Salzburg
Die zweifache Mutter Elisabeth Lauche (35) aus St. Michael im Salzburger Lungau ist froh um die gelockerten Corona-Regeln am heutigen Heiligen Abend. So müssen die Rezeptionistin in einem Hotel und ihre beiden Kinder Marie (9) und Daniel (15) trotz Pandemie nicht auf ein „Weihnachten wie jedes Jahr“ verzichten. „Wir sind zu acht und feiern so wie zuvor mit meinen Schwestern und meinen Eltern“, erzählt die Lungauerin. Nach einer emotionalen Achterbahnfahrt aufgrund der wirtschaftlichen Einschränkungen in der Hotellerie will Lauche das heurige Weihnachtsfest auch nutzen, um Kraft zu tanken.

„Wir versuchen das Beste daraus zu machen“, schildert Lauche. Auch für Sohn Daniel steht das heutige Fest unter einem ganz anderen Stern. Der Schüler schrieb einen Christkindl-Brief, in der Hoffnung auf ein ganz besonderes Geschenk. „Er hat sich einen größeren Computer-Monitor gewünscht, weil der Laptop im Distance Learning oft zu klein ist“, erklärt die 35-Jährige. Die Salzburgerin hofft jedoch ohnehin, dass die Zeiten des Heim-Unterrichts und der Pandemie bald der Vergangenheit angehören. Schließlich: „Es müssen die Zeiten irgendwann ja besser werden.“

Zweisamkeit beim Fest in Kärnten
Ein schweres Jahr liegt hinter Erika Lassnig-Gosch und ihrer pflegebedürftigen Mutter Gudrun Gosch. Nachdem sich die Tochter zuerst mit Corona infiziert hatte, erkrankte später auch die 88-jährige Mutter an dem Virus. Es begannen bange Stunden um das Leben der unter schweren Vorerkrankungen leidenden Pensionistin. „Mein Krankheitsverlauf war leicht, aber meine Mutter war insgesamt fast sechs Wochen im Krankenhaus“, berichtet Lassnig-Gosch, die mit ihrer Mutter in einem gemeinsamen Haushalt lebt.

Nach der Entlassung aus dem Spital war der Zustand der 88-Jährigen vorerst stabil, dies änderte sich jedoch nach wenigen Tagen erneut. „Sie war wie ein Häufchen Elend, es ging ihr so schlecht, und wir dachten schon, sie schafft es nicht. Aber ihr Lebenswille war trotzdem ungebrochen“, schildert die Tochter. Die Mutter musste ein weiteres Mal stationär aufgenommen werden, die Therapie schlug diesmal besser an, und die Genesung schritt voran. „Wir möchten uns bei den Ärzten, dem Pflegepersonal und dem Roten Kreuz bedanken, denn durch sie können wir heuer gemeinsam Weihnachten feiern“, freuen sich die beiden.

Weihnachten in der Einfahrt
Auch Familie Schafarik erlebt Weihnachten heuer ganz anders. „Sonst kommt die ganze Familie, Geschwister, Großeltern und Tanten, zu uns, wir sind 30 Leute“, erzählt uns Susi. Corona-bedingt fällt das große Fest heuer aus. Die Familie war auch schon beim Corona-Test, man wolle kein Risiko eingehen. Mit den Großeltern wird in der Einfahrt an der frischen Luft mit Punsch angestoßen. Am Abend wird erstmals im kleinen Kreis, nur die vier unter sich, gefeiert. Es gibt Raclette, das große Festmahl fällt aus.

„Heuer mussten wir kreativ werden, am 25. machen wir mit Bruder, Schwester und Nichten und Neffen einen Spaziergang aufs Feld hinaus, dort gibt es dann die Geschenke unter freiem Himmel statt unterm Christbaum im Wohnzimmer“, sagt Franz. Als Mitglieder des Musikvereins Oberlaa wird jedes Jahr beim Christkindlsegen gespielt - heuer nicht. Auch das Treffen mit den Freunden in der Nacht vom 24. ist abgesagt. „Es wird schon anders sein, und die Stimmung ist gedrückter, aber wir machen das Beste daraus, die Liebsten - meinen Mann und die Kinder - habe ich ja um mich!“, sagt Susi.

Weihnachten mitten im Weingarten
Angela wird Weihnachten mit ihrer Familie dieses Jahr auf eine ganz besondere Art und Weise feiern. Weil es wegen des Corona-Ansteckungsrisikos unvernünftig wäre, mehrere Menschen in geschlossenen Räumen zu treffen, hat sich die Mutter zweier Kinder aus Illmitz etwas Spezielles einfallen lassen: „Wir lassen eine alte Tradition wieder aufleben und treffen uns inmitten der Reben.“ Der Weingarten wird dann mit Tannenzweigen geschmückt, und man bedankt sich für den guten Ertrag des Jahres und die eigene Gesundheit.

Neben ihren Kindern Sophie und Daniel werden auch andere Familienmitglieder kommen: „Wir halten Abstand und stoßen auch mit einem heißen Punsch auf das Fest der Liebe an.“ Für das nächste Weihnachten hoffen alle schon jetzt darauf, dass die Pandemie besiegt sein wird. „Heuer wird auf jeden Fall ein unvergessliches Fest für uns alle. An diese Bescherung werden meine Kinder vermutlich auch noch als Erwachsene zurückdenken“, schmunzelt Mutter Angela.

Weihnachten im Viermäderlhaus
Nina Mocnik aus der Weststeiermark fiel genau in jenes Zeitfenster, als werdende Mütter ganz allein, ohne Begleitung, im Spital gebären mussten. „Es war ein traumatisches Erlebnis für mich“, sagt die Mama. Umso mehr freuen sie und ihr Mann sich, dass sie heuer mit ihrem kompletten „Viermäderlhaus“ feiern dürfen. „Auch wenn es ganz anders ist als sonst“, so Nina Mocnik. Im Vorjahr waren es mit Tanten, Onkeln und sonstigen Verwandten 33 Familienmitglieder, die gemeinsam geschmaust haben; übrigens chinesische Spezialitäten, weil die Schwägerin von Nina Mocnik aus China stammt.

„Heuer ist es die Kernfamilie - wir sechs, Oma und Opa. Den großen Mädels können wir das erklären - so wie wir heuer schon viel erklären mussten. Die Kleinen freuen sich einfach an Lichtern und Geschenken.“ In der Nacht auf den 24., „wenn endlich alle schlafen“, haben Papa und Mama bei weihnachtlicher Musik den Baum aufgeputzt. Und heute wird gemeinsam gesungen, gespielt, Brötchen verputzt. „Alles ist ein bissl ,abgespeckt‘ - es wird anders, aber sicher sehr schön.“ Die herzigen Töchter freuen sich jedenfalls seit Wochen drauf!

Bescherung am Lagerfeuer
Marina Günther ist Klinische und Gesundheitspsychologin und leitet in Dornbirn das SOS-Jugendwohnen. Gemeinsam mit ihrem sozialpädagogischen Team betreut sie elf Mädchen und Buben im Alter von 14 bis 18 Jahren, die nicht bei ihren Eltern leben können. Heuer feiert sie zum ersten Mal mit den Jugendlichen Weihnachten, wie es bisher noch nie da gewesen ist: „Normalerweise feiert eine ziemlich große Runde zusammen, weil alle Kolleginnen und Kollegen, die im Haus arbeiten, gleichzeitig dabei sind. Das geht dieses Mal zwar nicht, aber wir sehen es positiv.“

Um eine möglichst fröhliche Bescherung zu gestalten, beginnen die Betreuerinnen und Betreuer am Nachmittag mit den Vorbereitungen für das Weihnachtsessen. Der Baum wird geschmückt, der Tisch dekoriert und das Essen gekocht. Aufgrund der Corona-Situation wird eine gemeinsame Outdoor-Bescherung mit einem Lagerfeuer im Garten stattfinden: „Wir feiern mit Punsch und Keksen, einer Weihnachtsgeschichte und verteilen Geschenke!“

Ein Heiliger Abend wie noch nie
Auch in Erl gibt es ein „Viermäderlhaus“, das weit über die Grenzen der am nördlichsten gelegenen Gemeinde Tirols bekannt ist. Bekannt ist es deshalb, da man in diesem „Viermäderlhaus“ ausgezeichnete regionale Küche genießen kann. Martina Anker und ihre drei Töchter Victoria, Isabella und Lisa führen gemeinsam den Landgasthof Zum Dresch. In Kulturkreisen erarbeitete sich das kleine Grenzdorf mit seinen Passions- und Festspielen einen guten Namen. Vor Corona besuchten Abertausende Gäste Erl, nun herrscht Stagnation, und auch beim Wirtshaus Zum Dresch gehen Corona-bedingt die Lichter nur für die weihnachtlichen Feierlichkeiten der Familie an.

Aber Martina und der Rest der Familie lassen trotz der wirtschaftlichen Tristesse in der Gastronomie den Kopf nicht hängen. Vor Kurzem kam nämlich mit dem kleinen Lian das erste Enkelkind ins Haus. Der herzige Bub ist das persönliche „Christkind“ der Familie Anker und schenkt den Glücklichen heuer ein gemeinsames Weihnachten wie noch nie.

Kronen Zeitung

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