Randale vor Reichstag

Berlin: „Angriff auf Herz unserer Demokratie“

Ausland
30.08.2020 17:27

Die aggressiv ausufernden Demonstrationen gegen die Corona-Politik in Deutschland sorgen nun für scharfe Kritik aus der Politik. Während sich die knapp 40.000 Demonstranten am Samstag weitgehend friedlich verhielten, nutzten Extremisten die Gelegenheit, um auf die Treppe des Reichstagsgebäudes in Berlin vorzudringen. Neben dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier verurteilten Vertreter fast aller Parteien neben der Gewalt auch die Verwendung von Nazisymbolen. Auch am Sonntag versammelten sich zahlreiche Gegner der Corona-Maßnahmen in Berlin, eine Ansammlung an der Siegessäule wurde aufgelöst.

Am Brandenburger Tor war am Sonntag eine Kundgebung angemeldet mit etwa 2500 Menschen. Zunächst sprach die Polizei von mehreren Hundert Menschen dort. Weil eine Ansammlung mit rund 2000 Menschen an der Siegessäule aufgelöst wurde, strömten die Menschen dann weiter Richtung Brandenburger Tor. An der Siegessäule standen die Menschen zuvor nach Angaben der Polizei zu dicht beieinander und hielten Abstände nicht ein. Es gab unter anderem Platzverweise. Um eine angemeldete Kundgebung handle es sich bei dieser Ansammlung nicht. Im Berliner Mauerpark waren indes am Sonntag einige Kundgebungen angemeldet.

Steinmeier: „Das werden wir niemals hinnehmen“
Am Samstag hatte es am Rande der Kundgebungen Angriffe von Reichsbürgern und Rechtsextremisten auf Polizisten gegeben. Eine größere Menge, darunter abermals Anhänger solcher radikaler Gruppen, war über Polizeiabsperrungen hinweg auf die Freitreppe des Reichstags vorgedrungen. „Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie. Das werden wir niemals hinnehmen“, so Steinmeier am Sonntag.

Eine große Gruppe aggressiver Demonstranten hatte am Samstagabend Absperrgitter am Reichstagsgebäude in Berlin überwunden. Sie stürmten die Treppe hoch und bauten sich triumphierend vor dem verglasten Besuchereingang auf.

Polizisten mit Steinen und Flaschen attackiert
Dabei waren auch die von den sogenannten Reichsbürgern verwendeten schwarz-weiß-roten Reichsflaggen zu sehen, aber auch andere Fahnen. Anfangs standen nur drei Polizisten der grölenden Menge entgegen. Nach einer Weile kam Verstärkung, und die Polizei drängte die Menschen auch mithilfe von Pfefferspray zurück.

Auch vor der russischen Botschaft nahe dem Brandenburger Tor kam es zur Eskalation: Aus einer Menge von rund 3000 Menschen attackierten Reichsbürger und Rechtsextremisten Polizisten mit Steinen und Flaschen.

„Grenzen des Anstands überschritten“
„Nach diesen Szenen sollte der Letzte verstanden haben, dass es auch Grenzen des Anstands gibt, wie weit man mitträgt, wer mit einem mitläuft.“ Sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU). Innenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte das Vorgehen der „Chaoten und Extremisten“ für „unerträglich“.

Kritik an Nazisymbolen
Außenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete vor allem das Schwenken von Reichsflaggen als „beschämend“. Diese hätten vor dem Deutschen Bundestags nicht verloren, schlug SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz in eine ähnliche Kerbe.

Initiator sah Polizei in der Pflicht
Der Initiator der großen Demonstration, Michael Ballweg, distanzierte sich von den Randalierern. „Die haben mit unserer Bewegung nichts zu tun.“ Querdenken sei eine friedliche und demokratische Bewegung, Gewalt habe da keinen Platz. Er verstehe aber nicht, warum man „nicht entsprechende Polizeikräfte aufwartet, um solchen Aktionen zu begegnen“ - zumal diese vorher bekannt gewesen seien.

Treppe minutenlang besetzt
Videos, die im Internet kursieren, zeigen, wie weit mehr als hundert jubelnder und grölender Menschen minutenlang auf und oberhalb der großen Treppe direkt vor der Tür des Reichstags stehen. Neben der Reichsfahne sind auch deutsche, amerikanische und russische Fahnen sowie Transparente zu sehen.

Polizei: „Können nicht überall sein“
Rund zwei Stunden nach Beginn löste die Polizei die Versammlungen auf, da weder Mindestabstände, noch Maskenpflicht eingehalten wurden. Dabei wurde rund 300 Randalierer festgenommen - alleine bei den Angriffen vor der russischen Botschaft etwa 200. Die Polizei war mit rund 3000 Beamten im Einsatz. Unter den Festgenommenen war auch der bekannte Kochbuchautor Attila Hildmann.

Ein Berliner Polizeisprecher erklärte, warum die Randalierer nicht gleich aufgehalten wurden mit: „Wir können nicht immer überall präsent sein, genau diese Lücke wurde genutzt, um hier die Absperrung zu übersteigen, zu durchbrechen.“ Im Laufe des Sonntags will die Polizei umfassend Bilanz zu dem Einsatz ziehen.

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