Antikörper auf Hufen

Forscher wollen Coronavirus mit Kühen stoppen

Wissenschaft
10.06.2020 18:49

Die Suche nach einem geeigneten Impfstoff gegen das Coronavirus läuft auf Hochtouren. Amerikanische Forscher wollen nun mithilfe gentechnisch veränderter Kühe menschliche Antikörper herstellen und damit die tödliche Krankheit neutralisieren. Erste Laborergebnisse deuten darauf hin, dass diese Methode im Vergleich zu anderen Varianten bis zu viermal effektiver sein könnte.

Die neueste Hoffnung im Kampf gegen Covid-19 kaut mit Vorliebe Heu und lebt in einer Scheune in South Dakota. Das amerikanische Biotech-Unternehmen SAB Biotherapeutics hat gentechnisch veränderte Kühe dazu gebracht, menschliche Antikörper zu produzieren, die den SARS-CoV-2-Erreger unterdrücken können. „Das ist eine vielversprechende Methode“, freut sich Amesh Adalja von der Johns Hopkins University. Es sei wichtig, so viele Gegenmaßnahmen wie möglich zu ergreifen, erklärt der Arzt für Infektionskrankheiten. Bereits diesen Sommer sollen klinische Studien damit starten.

Auf Hufen wandelnde Antikörper
Um Antikörper zur Behandlung oder Vorbeugung von Krankheiten herzustellen, werden im Labor typischerweise tierische oder pflanzliche Zellen, wie etwa von Tabakpflanzen, eingesetzt. Das Unternehmen aus South Dakota wählt einen anderen Ansatz: Im Rahmen der Forschungsarbeit haben die Wissenschaftler die DNA der Milchkühe genetisch so verändert, dass bestimmte Immunzellen auch menschliche Antikörper herstellen können. „Im Wesentlichen werden die Kühe als riesiger Bioreaktor eingesetzt“, sagt der virale Immunologe William Klimstra von der Universität Pittsburgh, der die Wirksamkeit analysiert hat.

Kühe als „Antikörperfabriken”
Dass die Wahl auf Kühe fiel, kam nicht von ungefähr - so haben die Paarhufer nicht nur mehr Blut als kleinere Tiere, im Vergleich zum Menschen enthält es auch bis zu doppelt so viele Antikörper pro Milliliter. Die Tiere bieten aber auch einen weiteren Vorteil: Während oft versucht wird, möglichst identische Kopien der Abwehrstoffe zu produzieren, stellen Kühe gleich eine Reihe von Molekülen her, die damit gleich auf mehreren Ebenen gegen das Virus einwirken können. Das käme der natürlichen Art und Weise, wie der menschliche Körper Krankheiten bekämpft, wesentlich näher und sei zudem besonders von Vorteil, wenn das Virus mutiert, erklären die Wissenschaftler. 

Erfolgversprechende Ergebnisse
Bevor die Tiere beginnen, diese Antikörper in ihrem Blut freizusetzen, benötigen sie eine Starterimmunisierung - dazu wird ihnen ein Impfstoff injiziert, der auf einem Teil der Virus-DNA basiert und ihr Immunsystem vorbereitet. Daraufhin folgt eine Injektion mit dem eigentlichen Virus. Eine einzige Kuh könnte jedes Monat genug Antikörper liefern, um damit mehrere Hundert Patienten zu behandeln, so die Forscher. Im Reagenzglas habe sich bereits gezeigt, dass die Kuh-Antikörper sogar bis zu viermal effektiver seien, als jene, die Infizierte Personen selbst produziert haben.


Auch Zweifel an Methode
Der euphorische Tenor wird aber nicht von allen Experten geteilt. So erklärt etwa der Arzt für Infektionskrankheiten, Manish Sagar, von der Boston University, dass er skeptisch bleiben werde, „bis ich weitere Beweise dafür sehe, dass die Produktion von Antikörpern bei Kühen viel praktikabler und wirtschaftlicher ist als andere Methoden”. Bisher wurden keine von den Tieren erzeugten Antikörper zur Behandlung einer Krankheit zugelassen.

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