Atomstreit
Ahmadinejad droht den Weltmächten erneut
Der Iran hatte sich in der vergangenen Woche mit Brasilien und der Türkei darauf geeinigt, einen Teil seines Urans in der Türkei zwischenzulagern, bis das Land höher angereichertes Uran für einen medizinischen Forschungsreaktor geliefert bekommt. Teheran hatte die internationale Atomenergiebehörde IAEO am Montag über den Atom-Deal informiert. Er war nach monatelangem Tauziehen praktisch in letzter Minute geschlossen worden. Amerikaner und Briten lehnten die Vereinbarung als unzureichend ab.
Unterdessen arbeitet der Weltsicherheitsrat mit Hochdruck an härteren Sanktionen gegen den Iran. Die 15 Mitglieder des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen berieten hinter verschlossenen Türen über den entsprechenden Resolutionsentwurf, bestätigte die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice am Dienstag vor Journalisten in New York. Danach wird die Resolution dem Weltsicherheitsrat zur Abstimmung vorgelegt. Einen konkreten Zeitpunkt nannte Rice nicht.
"Wir werden keinem Land erlauben, sich einzumischen"
"Wir werden es keinem Land erlauben, sich in unsere politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten einzumischen", sagte Ahmadinejad in der vom Nachrichtensender Khabar live übertragenen Ansprache. "Die Übereinkunft mit Brasilien und der Türkei ist die letzte Chance, um die Auseinandersetzungen beizulegen."
Namentlich appellierte Ahmadinejad an US-Präsident Barack Obama, den Atom-Deal als letzte Chance wahrzunehmen. "Heute ist der Tag für Obama, umsichtig zu handeln und diese einzigartige Möglichkeit nicht zu verpassen", sagte er. Die Übereinkunft könne den Beginn einer neuen Ära in den internationalen Entwicklungen markieren, meinte Ahmadinejad.
Clinton: "Der Deal ist ein durchsichtiger Trick"
Der Westen verdächtigt Teheran, unter dem Deckmantel der zivilen Forschung den Bau von Atomwaffen anzustreben. US-Außenministerin Hillary Clinton kritisierte den Deal als "durchsichtigen Trick", um Maßnahmen des Weltsicherheitsrats zu entgehen. Nach Gesprächen mit der chinesischen Regierung sagte Clinton am Dienstag in Peking, die Vorschläge Teherans reichten nicht aus, um die internationalen Bedenken zu beseitigen.
Auch der britische Premierminister David Cameron sagte in seiner ersten Rede vor dem Parlament, es sei an der Zeit, auf Teheran "den Druck zu verschärfen - und der Zeitplan ist knapp". Russland, das im UN-Sicherheitsrat Vetomacht ist, hatte Sanktionen gegen den Iran kürzlich noch als "unvermeidbar" bezeichnet und will die Einigung genau prüfen.
Ahmadinejad schießt scharf gegen Kremlchef Medwedew
Ahmadinejad warf Kremlchef Dmitri Medwedew in einer beispiellosen verbalen Attacke vor, auf der Seite der Vereinigten Staaten zu stehen. "Russland ist unser Freund, unser Nachbar, die Frage ist aber, ob Moskau noch immer auf unserer Seite steht oder andere Ziele verfolgt", sagte Ahmadinejad. "Ich bin hoffnungsvoll, dass die russische Führung und Behörden diesen freundlichen Worten Aufmerksamkeit schenken und Abhilfe leisten." Russland solle dafür sorgen, dass es nicht "zu den historischen Feinden" des Iran gezählt werde.
Die Antwort von Medwedews außenpolitischem Sprecher Sergej Prichodko ließ nicht lange auf sich warten: Für Moskau seien "jedwede Unberechenbarkeit, politischer Extremismus, undurchsichtige und nicht nachvollziehbare Entscheidungen, die die gesamte Weltgemeinschaft beunruhigen", nicht hinnehmbar, betonte Prichodko nach Angaben der Agentur Interfax. "Bisher ist es noch nie jemandem gelungen, mit politischer Demagogie das eigene Ansehen zu bewahren", sagte er über Ahmadinejad.
Resolutionsentwurf wird derzeit in größerem Kreis beraten
Der Resolutionsentwurf, der derzeit von 15 Sicherheitsrats-Mitgliedern beraten wird, war über Wochen von den fünf ständigen Mitgliedern - USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich - plus Deutschland ausgehandelt worden. In der vergangenen Woche wurde ein Entwurf dem Weltsicherheitsrat vorgelegt. Die neuen Sanktionen sehen unter anderem das Einfrieren von Konten der mächtigen iranischen Revolutionsgarde vor; außerdem sollen ihre Mitglieder mit Reisebeschränkungen belegt werden. Zudem soll es Exportverbote für schwere Waffen wie Kampfpanzer, Kampfhubschrauber und auch Artillerie größeren Kalibers und Raketensysteme geben.
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