Lärm, Kondome, Blut

Straßenstrich: „Abends gehe ich nicht mehr raus“

Wien
27.04.2019 17:03

Der Strich an der Brunner Straße in Wien-Liesing ist für viele Bewohner ein Grund geworden, abends nicht mehr außer Haus zu gehen. Täglich ab 22 Uhr bieten hier bis zu 70 Frauen, vorwiegend aus Osteuropa, ihre sexuellen Dienstleistungen an. Die Folgen sind unter anderem lautstarker Streit um Stellplätze und Preise sowie mit Blut verschmierte Bustüren. Frau O. (Name von Redaktion geändert) ist Anrainerin und kann nicht mehr.

„Bei Einbruch der Dunkelheit ist es nicht ratsam, mit dem Hund hinauszugehen. Abends gehe ich nicht mehr raus.“ Mit diesen Worten beschreibt Frau O. (40), Mutter einer Tochter, die prekäre Lage rund um Wiens einzigen Straßenstrich. An die 100 Freier sorgen unter anderem mit ihren Autos jede Nacht für Lärmbelästigung, hinzu kommen Einsatzwägen der Polizei. Das Grätzel verdirbt - und Anrainer sind verzweifelt. Vor allem um das Wohl der Kinder ist man hier besorgt.

Nicht filmen!
Als sich krone.at an Ort und Stelle umschaute und Aufnahmen machte, wurden die Frauen nervös und aggressiv: „Nicht filmen!“, schreit uns eine der vielen Prostituierten hinterher. Eine Aura, die umso mehr verdeutlicht, warum Frau O. anonym bleiben möchte. Potenzielle Freier drehen mehrere Runden mit ihren Wagen, bis in die frühen Morgenstunden quietschen die Reifen. Ein Geräusch, das bis in die Schlafzimmer der Anrainer wandert. Die nächtlichen Überbleibsel verteilen sich weit und breit. Wenn Frau O. in der Früh zu ihrem Pkw möchte, graust es ihr. So muss sie über „gebrauchte Kondome, Feuchttücher und Reinigungsmittel“ steigen. Am schlimmsten ist für O., wenn sie über „Exkremente der Damen“ steigen muss.

Blutverschmierte Bustür
Der Höhepunkt: Eine Nachbarin von Frau O. spaziert entlang der vielen Sex-Busse und sieht Blut. Sofort verständigt sie die Polizei, die ein kleines Messer im Bus findet. Der Einsatz spricht sich im nahe gelegenen Wohnblock herum - Sorge um das Wohl der Kinder, diesmal auch Sorge um die arbeitenden Frauen. Auf Anfrage von krone.at bestätigt die Polizei einen Vorfall. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Streit zwischen einem Freier und einer Sexarbeiterin, der schlussendlich eskalierte.

„Gefahren für die Kids“
Die 40-Jährige will der Polizei keine Vorwürfe machen, diese sei „sehr präsent“ und mache viele Razzien. Aber vom Bezirk und dessen Vertretern fühlen sich die Liesinger hier im Stich gelassen, ohne Zustimmung der Bewohner ist diese Nachbarschaft zum Sex-Hotspot gemacht worden. Frau O. erklärt, die Stadt locke mit Wohnprojekten zusätzliche, vor allem ahnungslose Anrainer in den 23. Bezirk. Wenige wissen, dass in unmittelbarer Nähe Sex angeboten wird und „welche Gefahren der Strich für die Kids birgt“.

Für die Zukunft wünscht sich Frau O. ein Ende des Straßenstrichs, ob legal oder illegal: „Ich sehe nicht ein, dass man sagt, man gestattet diesen Straßenstrich, um ihn nicht illegal zu machen - und das auf dem Rücken der Anrainer.“

Markus Steurer
Markus Steurer
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