Unrühmliche Historie

Die lange Blutspur im Doping-Krimi

Wintersport
10.03.2019 07:06

Skandale über Skandale! Österreichs Historie mit im Sport verbotenen Bluttransfusionen ist so unrühmlich wie ihre zentralen Akteure.

Februar 2002: Eine Frau reinigt das vom österreichischen Langlaufteam für die Olympischen Winterspiele in Salt Lake City angemietete Privathaus. Beim Entleeren der Mistkübel sticht sie sich an einer Nadel, ruft aus Angst vor AIDS die Polizei. Die medizinisches Material sicherstellt - und leere Blutbeutel. Obwohl Ex-Trainer Walter Mayer vom IOC daraufhin für Olympia gesperrt wurde, reiste er 2006 nach Turin, hielt sich im Quartier der Langläufer und Biathleten auf. Weshalb Carabinieri ebendort eine Razzia durchführten - und erneut jede Menge Transfusionsmaterial sicherstellten. Wie es der Zufall so will, hatte Mayer, der wegen Doping-Weitergabe erst 2013 zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde, in Turin 2006 einen Gast: den Ex-Mittelstreckenläufer und späteren Sportmanager Stefan Matschiner.

Sonntags-Injektionen bei Wiener Blutbank
Zentrale Figur im nächsten Blutdoping-Skandal, der 2007 seinen Ausgang nahm: Bei der Blutbank „Humanplasma“ in Wien-Alsergrund gaben sich an Sonntagen heimische und ausländische Sportstars die Klinke in die Hand. Eine Krankenschwester verabreichte den Athleten verbotene Bluttransfusionen. Zu den Kunden zählten neben dem von Matschiner betreuten Radprofi Bernhard Kohl auch die Leichtathletinnen Stephanie Graf und Susanne Pumper. Insgesamt 21 Sportler und drei Betreuer wurden von der NADA mit Sperren belegt.

Verhaftung elf Jahre nach Kohls Aussagen
Matschiner, der eine Blutzentrifuge über Humanplasma erworben hatte, wanderte ins Gefängnis. Anstatt das Gerät später wie ursprünglich geplant an die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ zu spenden, verkaufte er es weiter: Ausgerechnet an den bei der „Operation Aderlass“ verhafteten Erfurter Mediziner Mark S., früher Arzt bei Kohls Radteam Gerolsteiner und von diesem bereits 2008 als Doping-Mittäter belastet.

Erst elf Jahre später, am 27. Februar 2019, klickten bei dem 40-Jährigen die Handschellen. Die haarsträubende Lügen-Operette von „Aufdecker“-Mime Johannes Dürr führte die Ermittler zum deutschen Sportmediziner.

Filmreifer Cobra-Einsatz in der Villa Edeltraut
Als Doktor S. und seine Helfer nach Seefeld reisten, hefteten sich ihnen Spezialeinheiten an die Fersen. Während der Weltmeisterschaften beobachteten sie, wie sich Österreichs Langläufer Max Hauke im offiziellen Trainingsanzug die Hintertreppe der „Villa Edeltraut zum See“ hinauf schlich. Die Cobra stürmte das Haus, erwischte Hauke mit der Nadel im Arm.

Hier das Doping-Interview mit Hauke und Baldauf:

Überführt wurden auch sein Teamkollege Dominik Baldauf, zwei estnische und ein kasachischer Sportler. Dazu die Radprofis Stefan Denifl und Georg Preidler, der Selbstanzeige erstattete.

Sie alle sind geständig, Mark S. für Blutdoping bezahlt zu haben. Und es ist zu befürchten, dass es noch weit mehr werden. Schon bald wird die Auswertung der DNA-Analysen der in Erfurt beschlagnahmten 40 Blutbeutel zeigen, wie weit sich die Blutspur durch Europa zieht.

Anja Richter, Kronen Zeitung

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(Bild: KMM)



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