Verletzungsgefahr

Satz mit X, das war wohl nix: “Tony Hawk Ride”

Spiele
17.12.2009 12:34
Bislang war Videospielen - mit Ausnahme von Krämpfen im Daumen oder gelegentlichen Stolperern von Nintendos Balance Board - ein recht ungefährliches Vergnügen. Mit Activisions neuestem Ableger der Tony-Hawk-Reihe, "Ride", laufen Gamer nun jedoch ernsthaft Gefahr, sich beim Daddeln vor der Konsole zu verletzen. Grund: der neue Skateboard-Controller, der Nutzern die Möglichkeit bieten soll, mit vollem Körpereinsatz zu spielen.

Bevor es allerdings ans Eingemachte gehen kann, gilt es Platz zu schaffen – schließlich braucht man ausreichend Bewegungsfreiheit, um mit dem neuen Controller hantieren zu können. Dessen bevorzugtes Einsatzgebiet ist ein Teppichboden. Wer keinen flauschigen Untergrund sein Eigen nennt, bekommt neben vier AA-Batterien und einer USB-Empfangseinheit jedoch auch ein paar Stoff-Klebebänder, um Parkett oder Fliesen vor etwaigen Kratzern zu schützen.

Wer das vorgeschriebene Maximalgewicht von 130 Kilogramm nicht überschreitet, kann nun bereits einen Fuß auf das äußerst stabil gebaute Plastik-Skateboard setzen. Beschleunigungs- und Bewegungssensoren in dem Controller messen, ob das Board zur Seite geneigt oder gekippt wird und reagieren auf Fuß- oder Handbewegungen des Spielers. Beispielsweise, wenn dieser nach seinem Skateboard greift, um einen Grab auszuführen, oder mittels ausholender Beinbewegung entlang des seitlich angebrachten Sensors das virtuelle Skateboard in Schwung zu bringen versucht.

Letzteres ist im leichtesten von insgesamt drei Schwierigkeitsgraden allerdings nicht nötig, bewegt sich der Skater hier doch auf einem festgelegten Pfad. Das Lenken fällt also flach, sodass sich Spieler voll und ganz auf ihre Tricks konzentrieren können. Ollies, Flips, Grinds und Manuals gelingen so recht problemlos und ohne größere Stürze. Was anfangs durchaus spaßig ist, verliert allerdings schnell an Reiz, da das von der Serie gewohnte Freiheitsgefühl komplett ausbleibt.

Im mittleren Schwierigkeitsgrad wird diese Begrenzung aufgehoben, dafür stellt sich nun ein gänzlich anderes Problem: Kurven durch Gewichtverlagerung zu fahren, zwischendurch mit dem Fuß anzustoßen und dann noch die geforderten Tricks auszuführen ist schlichtweg verdammt schwer. Aber nicht nur das eigene Unvermögen spielt dabei eine Rolle, auch die ungenaue Steuerung und Latenzen zwischen Befehlsabgabe und –ausführung tragen dazu bei, dass einem die Lust am Rollbrettcruisen ganz schnell vergeht.

Hinzu gesellen sich einige wirklich grobe Mängel, darunter beispielsweise die überdurchschnittlich langen Ladezeiten, die Tatsache, dass man vor jedem Level erneut festlegen muss, ob man nun lieber "goofy" oder "regular" fährt (warum gibt es kein Profil, in dem man diese Vorliebe speichern kann?) oder der Umstand, dass die am Brett angebrachten Buttons während des Spiels nicht reagieren. Es bleibt daher nicht aus, dass man zwischendurch immer wieder zum Controller greifen muss. Dabei zeigt "Ride" durchaus, wie es hätte funktionieren können: Stellenweise ersetzt ein simpler Ollie nämlich den Druck auf den X-Button. Warum die Gestensteuerung nicht überall im Spiel zum Einsatz kommt, bleibt fraglich.

Offen bleibt auch, warum der aktuelle Tony-Hawk-Ableger so uninspiriert ausschaut. Während die Konkurrenz von EA mit "Skate 2" eindrucksvoll gezeigt hat, wie hübsch und detailreich ein Skategame aussehen kann, sieht "Ride" um keinen Deut besser aus als seine Vorgänger. Langeweile herrscht schließlich auch im Menü vor, das dem Display eines Sidekick-Handys nachempfunden wurde. Das Sponsoring von Hersteller T-Mobile dürfte offenbar wichtiger gewesen sein, als dem Spieler eine ansprechende Benutzeroberfläche zu präsentieren.

Im Spiel selbst findet man schließlich auch kaum etwas, dass man nicht schon von den Vorgängern gekannt hätte. Bei der Skate-Tour rund um den Globus gilt es die bereits hinlänglich bekannten Herausforderungen sowie Trick- und Tempo-Events zu meistern, um weitere Areale, Klamotten und andere Goodies für den zuvor eigens erstellten Skater freizuschalten. Hin und wieder darf man sich mit den Profis der Szene messen und deren Lebensweisheiten genießen.

"Tony Hawk Ride" bietet darüber hinaus einen lokalen Mehrspieler- sowie einen Online-Modus. Beiden gemein ist der fehlende Spaß. Während im sogenannten "Party-Modus" bis zu acht Spieler abwechselnd aufs Board steigen, dreht man online alleine seine Runden. Interaktionen mit anderen Spielern gibt es nicht. Am Ende eines Tricks oder Events erfährt man einfach, welcher der insgesamt bis zu vier Spieler am besten war.

Fazit: Die Idee, nach zahllosen Musikspielen auch ein Franchise wie "Tony Hawk" mit einem neuen Controller zu versehen, ist prinzipiell keine schlechte. Allerdings scheint es fast so, als habe man bei Activision all die Energie in die Entwicklung des Controllers gesteckt und darüber hinaus das eigentliche Spiel vergessen. Bei einem Preis von 100 Euro und mehr sind Mängel wie die schwache Optik, die lahme Präsentation, die langen Ladezeiten und die ewiggestrigen Herausforderungen, aber vor allem die ungenaue Controllerabstimmung einfach nicht verschmerzbar. Die gute Verarbeitungsqualität des Boards und der gelungene Soundtrack machen das Kraut dann auch nicht mehr fett.

Plattform: PS3 (getestet), Xbox 360, Wii
Publisher: Activision
krone.at-Wertung: 5/10

von Sebastian Räuchle

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