Trotz Protesten

Freihandelsabkommen CETA im Nationalrat abgesegnet

Österreich
13.06.2018 13:13

Nun ist es so weit: Mittwochnachmittag ist das höchst umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen CETA im Nationalrat abgesegnet worden. Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ sowie die NEOS stimmten für den Handelspakt zwischen der EU und Kanada, SPÖ und Liste Pilz waren dagegen. Ein SPÖ-Antrag für eine Volksabstimmung zu CETA fand keine Mehrheit, ÖVP, FPÖ und NEOS stellten sich gegen ein solches Vorhaben. Das Abkommen sorgte am Tag des Beschlusses für eine kontroverse Debatte mit vertauschten Rollen: Die SPÖ warf der FPÖ „Verrat“ an Wählern und Demokratie vor, die Freiheitlichen wiesen die Kritik zurück, unterstellten der SPÖ selbst einen „Zickzackkurs“ und betonten die „staatspolitische Verantwortung“.

Was im Parlament geschehe, sei „Verrat“, erklärte der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried. Der frühere Minister sprach von „Verrat an den Wählerinnen und Wählern der FPÖ, Verrat am gerechten Österreich, Verrat an der parlamentarischen Demokratie“.

„Strache ist krachend umgefallen“
Mit einer am Rednerpult in Szene gesetzten Schautafel wies Leichtfried darauf hin, dass Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in der Opposition noch größter CETA-Kritiker war und eine Volksabstimmung über den Handelspakt gefordert hatte. „Strache ist mit dieser Haltung krachend umgefallen“, so Leichtfried.

Die SPÖ sei für freien Handel, stehe aber gegen Schiedsgerichte und Investoren-Tribunale. Handelsabkommen wie CETA würden vor allem großen Konzernen helfen. Die SPÖ stellte deshalb im Nationalrat einen Antrag für eine Volksabstimmung über CETA und setzte das auch mit Schildern in Szene.

Rollentausch durch Regierungswechsel
Die Nationalratswahl und der Wechsel von SPÖ/ÖVP zu ÖVP/FPÖ haben bei CETA zu einem Rollentausch geführt. Die FPÖ muss nun laut Regierungsübereinkommen für CETA sein, die SPÖ, die CETA unter ihrem Ex-Kanzler Christian Kern in Brüssel noch mitgetragen hat, ist seither dagegen. Der ÖVP-Abgeordnete Peter Haubner erinnerte auch an ein Zitat von Kern aus seiner Zeit als Bundeskanzler. „CETA ist das beste Abkommen, das die EU je verhandelt hat“, hatte dieser noch 2016 gemeint. In der Debatte am Mittwoch meldete sich Kern nicht zu Wort, auch den Griff zum Taferl ließ der SPÖ-Chef andere machen.

FPÖ: Alternative wäre ein unregierbares Land
Der FPÖ-Abgeordnete Axel Kassegger versuchte im Parlament den Meinungswandel in der FPÖ zu erklären. Auch die Freiheitlichen stünden Schiedsgerichten kritisch gegenüber, und eine Volksabstimmung sei politischer Wunsch gewesen. Die ÖVP habe aber in den Koalitionsverhandlungen auf CETA bestanden.

Die Alternative wäre ein unregierbares Land oder die Fortsetzung der Stillstandsregierung gewesen. Es handle sich also nicht um Verrat, sondern um die „Wahrnehmung von staatspolitischer Verantwortung für dieses Land“, so Kassegger. Man habe die „Krot gefressen - CETA hätten wir mit der SPÖ sowieso bekommen“.

Pilz: FPÖ als Umfallerpartei“
Die Liste Pilz - allen Voran ihr Gründer und Namensgeber Peter Pilz - schlug hingegen in eine ähnliche Kerbe wie die Sozialdemokraten. Pilz präsentierte das gleiche Plakat wie zuvor Leichtfried und nahm mit einem Stift Änderungen darauf vor. Aus „Weil es um Österreich geht. Verbindliche Volksabstimmung zu CETA und TTIP. Jetzt“ wurde „Weil es um Konzerne geht. Keine verbindliche Volksabstimmung zu CETA und TTIP. Jetzt umgefallen!“ Pilz‘ Kollege Rossmann warf den Freiheitlichen einen „Bauchfleck“ vor. Auch das Logo der Freiheitlichen wurde verändert - und die Partei von der „Sozialen Heimatpartei“ zur „Umfallerpartei“ gemacht.

Anders die NEOS, die sich für freien Handel aussprechen und neben ÖVP und FPÖ die Ratifizierung unterstützten. Claudia Gamon sah bei der SPÖ „populistische Reden“ und einen „Kniefall“ vor jener Lobby, die in der Handelspolitik in die Steinzeit zurückwolle.

Schramböck: „Es gibt keine Schreckgespenster Schiedsgerichte“
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wies auf die positiven Effekte des Handelsabkommens hin. Kanada sei achtwichtigster Exportpartner Österreichs, CETA sei deshalb wichtig für den heimischen Wirtschaftsstandort. Zudem gebe es „keine Schreckgespenster Schiedsgerichte“.

Tatsächlich ist im CETA-Abkommen nicht das bisher gängige Schiedsgericht vorgesehen, sondern ein neuer Investitionsgerichtshof mit auf fünf Jahre bestellten Richtern, die zu je einem Drittel von Kanada und Europa ausgewählt werden und zu einem weiteren Drittel mit Unabhängigen besetzt werden.

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