Paukenschlag

Stickler als ÖFB-Präsident zurückgetreten

Fußball
08.11.2008 16:42
Mit einem Paukenschlag hat am Freitag die Präsidiumssitzung des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) im Wiener Hotel Hilton Plaza geendet. Präsident Friedrich Stickler legte völlig überraschend sein Amt nieder. Der Wiener, der für seinen Rückzug berufliche Gründe angab, hatte am 7. April 2002 die Nachfolge von Beppo Mauhart angetreten. Der ÖFB wird nun interimistisch vom dienstältesten Vizepräsidenten, dem Wiener Kurt Ehrenberger, geführt.

Ein neuer Verbandschef wird auf einer außerordentlichen Generalversammlung bestimmt, die etwa am 18. Jänner oder 1. Februar 2009 stattfinden wird.

Rücktritt aus "beruflichen Gründen"
Stickler, der bei der Außerordentlichen Hauptversammlung zum Ehrenpräsident ernannt werden soll, nannte in einer ÖFB-Aussendung am Freitagabend berufliche Gründe für seinen Rückzug. "Ich habe die Tätigkeit des ehrenamtlichen ÖFB-Präsidenten immer und auch in schwierigen Zeiten mit großem Stolz und voller Freude ausgeübt. Allerdings stellt diese Funktion in der Realität eine sehr starke zeitliche Beanspruchung dar und aufgrund der umfangreichen beruflichen Herausforderungen, die mir in meinem Unternehmen in den kommenden Monaten bevorstehen, ist es mir unmöglich, dieser ehrenvollen Aufgabe zukünftig im erforderlichen Umfang nachzukommen", sagte der Generaldirektor-Stellvertreter der Österreichischen Lotterien.

"Ich habe bei den Österreichischen Lotterien neue Aufgaben übernommen, insbesondere im Bereich Internet/Neue Medien und die Vorbereitung der Bewerbung um die neue Lotterien-Konzession. Dafür ist es erforderlich, die gesamte verfügbare Zeit zu investieren, und somit kann ich die Funktion des ÖFB-Präsidenten definitiv nicht mehr in jenem Ausmaß, das meiner Ansicht für eine professionelle Amtsführung erforderlich ist, ausüben. Mir liegt das Wohl des österreichischen Fußballs viel zu sehr am Herzen, daher bin ich der Meinung, dass diese Entscheidung die einzig richtige ist", wurde Stickler zitiert.

"Stelle Amt mit großer Wehmut zur Verfügung"
Der Abschied fällt dem 59-Jährigen nach eigenen Angaben schwer. "Auch wenn es oft schwierig war, als ÖFB-Präsident die Verantwortung zu tragen, stelle ich das Amt mit großer Wehmut zur Verfügung. Obwohl auf sportlicher Seite die Erfolge der Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren leider enden wollend waren, bin ich überzeugt, dass gerade aufgrund der Professionalisierung im Nachwuchsbereich der rot-weiß-rote Fußball vor einer wesentlich besseren Zukunft als Gegenwart steht. Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist es dem ÖFB unter meiner Führung gelungen, sehr gut aufgestellt zu sein, und ist der Verband auf dem besten Weg, sich als einer der modernsten des Landes zu etablieren."

Sein interimistischer Nachfolger Ehrenberger betonte: "Ich sehe meine Aufgabe darin, die Außerordentliche Hauptversammlung mit der gebührenden Professionalität vorzubereiten und für eine geordnete Übergabe des Präsidentenamtes an den neu zu wählenden Präsidenten zu sorgen."

Ebenfalls analysiert wurde im Rahmen der Präsidiumssitzung die sportliche Situation der Nationalmannschaft. Dem Betreuerteam wurde bei dieser Gelegenheit das Vertrauen ausgesprochen, dessen ungeachtet wird es aber rund um das Türkei-Länderspiel zur angekündigten klärenden Aussprache angesichts der letzten Spiele und Vorkommnisse zwischen der ÖFB-Spitze und dem Spielerrat des Nationalteams kommen.

Reaktionen auf den Stickler-Rücktritt

Martin Pucher (Bundesliga-Präsident):
"Ich war überrascht von dieser Entscheidung, und so ist es den anderen auch gegangen, soweit ich es beobachten konnte. Er (Stickler, Anm.) hat von sich aus diese Mitteilung gemacht, und zwar noch vor der Diskussion über die Situation des Nationalteams, die dann anschließend in aller Offenheit geführt wurde. Er hat berufliche Gründe für seinen Rücktritt angegeben, das muss man respektieren."

Andreas Herzog (Teamchef-Assistent):
"Das ist schon ein 'bissl' überraschend für mich gekommen. Aber es ist wie bei jedem anderen zu akzeptieren, er wird schon seine Gründe für diese Entscheidung gehabt haben."

Jan Kocian (ÖFB-Teamchef-Assistent): 
"Das war eine persönliche Entscheidung, die man akzeptieren und respektieren muss. Ich habe mit Brückner telefoniert, er war vom Rücktritt schon informiert. Ich will jetzt nicht spekulieren, was jetzt passiert, aber ich gehe davon aus, dass wir weiterhin im Amt bleiben."

Karl Daxbacher (Austria-Wien-Trainer):
"Ich denke, dass die massive Kritik an seiner Person nicht spurlos an ihm vorübergegangen ist. Deshalb hat diese Entscheidung getroffen hat."

Rudolf Edlinger (Rapid-Präsident): 
"Ich nehme diese Entscheidung von Herrn Stickler zur Kenntnis. Ich habe keine Ahnung davon gehabt, aber er wird sicher seine Gründe dafür gehabt haben."

Herbert Prohaska (Ex-ÖFB-Teamchef):
"Dieser Rücktritt von Stickler ist für mich genauso überraschend gekommen wie für alle anderen. Er hat diese Entscheidung mit den neuen Aufgaben bei der Lotto-Toto-Gesellschaft begründet, mehr kann ich nicht dazu sagen."

Walter Schachner (Admira-Trainer): 
"Er wird sicher die Konsequenzen gezogen haben nach den letzten Spielen, damit es ein anderer jetzt besser machen kann. Das ist meine spontane Reaktion dazu."

Heinz Hochhauser (Sportdirektor Red Bull Salzburg): 
"Er (Stickler, Anm.) wird seine Gründe für den Rücktritt gehabt haben, ich kenne sie nicht. Aber so ist das im Fußball, wenn einer geht, dann kommt ein Neuer. Früher hat man gesagt: 'Der König ist tot, es lebe der König.' Ich glaube, dass ein Präsident kommt, der dem ÖFB auf dynamische Weise weiterhilft."

Reinhold Lopatka (Sportstaatssekretär): 
"Die reibungslose Vorbereitung und Durchführung des einmaligen Sportereignisses EURO 2008 und die erfolgreiche Forcierung der Jugendarbeit im österreichischen Fußball - das sind die beiden prägendsten Erfolge der Amtszeit von ÖFB-Präsident Friedrich Stickler. In seiner sechsjährigen Amtszeit hat Österreich die Fußball-Europameisterschaft bekommen und mit der 'Challenge 08' ein europaweit einzigartiges Nachwuchsförderungsprojekt gestartet, das seinen ersten Erfolg bereits bei der U20-WM in Kanada (Platz vier, Anm.) erzielte. Dafür möchte ich Friedrich Stickler im Namen des österreichischen Sports sehr herzlich danken."

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