Weltkriegsposse

Südtirol widersetzt sich Flaggen-Order aus Rom

Ausland
23.05.2015 14:56
Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher will die öffentlichen Gebäude bei den am Sonntag geplanten Gedenkfeiern zum italienischen Eintritt in den Ersten Weltkrieg vor 100 Jahren nicht mit der Trikolore beflaggen, wie es die italienische Regierung fordert. Italiens Verteidigungsministerin Roberta Pinotti schäumte am Samstag und sprach von "Verweigerung", die sie "nicht begreift".

"Der Beginn eines Krieges ist kein Anlass, um zu feiern", hatte Kompatscher zuvor erklärt. An Gebäuden, die in seine Zuständigkeit fallen, würden am Sonntag keine italienischen Fahnen gehisst, so der Landeshauptmann. "Die Sachlage wäre eine andere, wenn wir dazu aufgefordert worden wären, mit Fahnen auf halbmast der Toten und des Leids zu gedenken, die der Erste Weltkrieg in Europa und darüber hinaus verursacht hat", so Kompatscher. Er regte eine Trauerminute in Erinnerung an alle Kriegsopfer an.

Verteidigungsministerin Pinotti konterte: "In den Vorarbeiten zu den Gedenkfeiern haben wir uns stets die Tragödie des Krieges vor Augen gehalten. Bei den Zeremonien am Sonntag werden wir der Todesopfer und der Tragödie dieses Krieges gedenken, es gibt nichts zu feiern."

Rechtspopulistin: Auswandern, "wenn ihm Italien nicht passt"
Neben der Ministerin kritisierten auch italienische Rechtsparteien den Südtiroler Landeshauptmann: "Seine Aussagen sind respektlos sowohl unserer Fahne als auch unserer Geschichte gegenüber. Die Beflaggung öffentlicher Gebäude zu bestimmten Anlässen ist eine Pflicht seitens der Verwaltungen und keine freie Wahl", sagte Ignazio La Russa, Spitzenpolitiker der "Brüder Italiens". Parteichefin Giorgia Meloni meinte, Kompatscher könne gern in einen anderen Staat ziehen, wenn ihm Italien nicht passe. Sie forderte den Rücktritt des Südtiroler Landeshauptmannes.

Auch die konservative Oppositionspartei Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi attackierte Kompatscher. "Offenkundig sind die Südtiroler Politiker nur Italiener, wenn es darum geht, Geld für die Autonomie zu bekommen", sagte der Vizepräsident der Region Lombardei, Mario Mantovani.

Bozens Bürgermeister: Italienische Fahne nur auf halbmast
Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli teilte mit, dass er die italienische Fahne am Sonntag zwar hissen werde, jedoch nur auf halbmast. Das Hissen der Fahne ist in Bozen ohnehin notwendig, weil am Sonntag die Stichwahl der Kommunalwahlen stattfindet. Auf halbmast will Spagnolli die Fahnen setzen, weil der Beginn des Ersten Weltkriegs sowie jedes anderen Kriegs eine Niederlage für die Menschheit bedeute.

Am 24. Mai 1915 trat das zuvor neutrale Italien in den Ersten Weltkrieg ein - der unter anderem damit endete, dass das bis dahin zu Österreich-Ungarn gehörende Südtirol an unsere südlichen Nachbarn ging. Eine Schweigeminute wird am Sonntag um 15 Uhr in ganz Italien eingehalten, um des Eintritts in den "Großen Krieg" zu gedenken. Eine Gedenkzeremonie ist in der Karstgemeinde Sagrado nahe Görz (Gorizia) geplant. Daran werden sich mehrere Regierungsvertreter beteiligen. Gedenkveranstaltungen sind außerdem an den Kriegsschauplätzen in Friaul sowie im Trentino geplant. Militärmuseen und Gedenkorte werden bis zum italienischen Nationalfeiertag ab 2. Juni kostenlos zugänglich sein.

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