Das Problem in der SPÖ ist nicht die Parteivorsitzende, sondern die Parteiführung. Die Bundesparteiführung führt ein basisfernes Eigenleben, ist sich selbst genug und will von den Teilorganisationen in den Bundesländern möglichst wenig gestört werden. Schon die letzten Parteivorsitzenden hatten selten das uneingeschränkte Vertrauen der Gesamtpartei. Nach Werner Faymann, der beim Maiaufmarsch in Wien ausgepfiffen wurde, versuchte Christian Kern der Partei neues Leben und Modernität einzuhauchen. Vergeblich, denn die Funktionäre waren nicht bereit, die alten, klassenkämpferischen Parolen abzulegen und die Partei thematisch neu auszurichten. Als Christian Kern überraschend das Handtuch warf, war niemand aus der dominanten Männerriege bereit, die Partei aus dem Abwärtssog herauszuholen. Pamela Rendi-Wagner traute sich und übernahm die Partei. Sie wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt. Kaum im Amt wurden ihre internen Gegner mutig und stellten die Vorsitzende immer wieder in Frage. Natürlich nicht im internen Kreis, sondern öffentlich über Medien. An der Spitze dieser internen Kritiker steht Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil, einst Hoffnungsträger der Partei. Nun eskaliert dieser interne Konflikt, der vor allem die Partei beschädigt. Es ist völlig unverständlich, dass niemand in dieser Partei willens und befähigt ist, hier vermittelnd einzugreifen. Die SPÖ ist ja nicht nur Rendi-Wagner und Doskozil. Einst staatstragende Partei, steuert diese Bewegung mit voller Kraft in die Eskalation, die zur Spaltung und zur Bedeutungslosigkeit führt. Die Bundesparteiführung scheint wie gelähmt, die Landesorganisationen schweigen. Auch die engsten Mitarbeiter der Parteivorsitzenden lassen jede Loyalität vermissen und sind nicht bereit, ihr den Rücken zu stärken. Die obersten Parteifunktionäre sollten endlich ihrer Verantwortung gerecht werden. Entweder wird Rendi-Wagner als Vorsitzende vorzeitig abgelöst, oder die gesamte Partei steht geschlossen hinter ihr und kämpft mit ihr für die sozialdemokratische Sache. Dann allerdings kann und darf es auch keinen weiteren Parteitag mit 75 Prozent Zustimmung zu ihr als Parteivorsitzende geben.
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