UNHCR-Bericht

60 Millionen Menschen sind auf der Flucht

Ausland
18.12.2015 12:05

Die Welt steuert in diesem Jahr auf einen neuen Flüchtlingsrekord zu: Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR teilte am Freitag mit, dass derzeit rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Damit ist einer von 122 Menschen weltweit ein Flüchtling oder Asylsuchender.

Die Zahlen basieren auf dem UNHCR-Halbjahresbericht, der die ersten sechs Monate 2015 umfasst. Demnach überstieg die Zahl der Flüchtlinge Mitte 2015 mit 20,2 Millionen Menschen weltweit zum ersten Mal seit 1992 die 20-Millionen-Marke. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass bis Ende des Jahres erstmals in der Geschichte der UNO rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht sein werden.

"2015 wird alle Rekorde übertreffen"
Zum Vergleich: Ende 2014 waren 59,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, ein Jahr davor waren es 51,2 Millionen und vor zehn Jahren 37,5 Millionen Menschen gewesen. "2015 wird alle bisherigen Rekorde übertreffen", warnte das UNHCR. Auch die Zahl der Asylanträge habe sich stark erhöht, nämlich um 78 Prozent auf rund 993.600. Die meisten Anträge wurden dem Bericht zufolge in Deutschland gestellt.

Dabei spiegele der Bericht die aktuellen Fluchtbewegungen über das Mittelmeer nach Europa nur teilweise wider, da die Ankünfte erst in der zweiten Jahreshälfte stark angestiegen seien. Insgesamt werden allein in Deutschland 2015 mehr als eine Million Flüchtlinge erwartet.

Krieg in Syrien als Hauptursache
Diese Flüchtlingsentwicklung begann im Jahr 2011 mit dem Ausbruch des Krieges in Syrien, der mittlerweile weltweit die größten Fluchtbewegungen verursacht hat. Doch selbst ohne Berücksichtigung dieses Konflikts nehmen laut UNHCR Flucht und Vertreibung zu.

Den Großteil der Verantwortung für die Aufnahme tragen dem Bericht nach die Länder, die unmittelbar an die Konfliktzonen angrenzen. Damit werde gleichzeitig aber auch der Druck auf die Aufnahmeländer immer größer. Ohne entsprechende Maßnahmen bestehe die Gefahr, dass Flüchtlinge auf Ablehnung stießen und für politische Zwecke instrumentalisiert würden. "Es war nie wichtiger, Toleranz, Mitgefühl und Solidarität gegenüber den Menschen zu zeigen, die alles verloren haben", erklärte UNO-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres.

Türkei und Libanon wichtige Aufnahmeländer
Den UNHCR-Zahlen zufolge kommen bei Weitem die meisten Flüchtlinge aus Syrien, gefolgt von Afghanistan, Somalia, Südsudan, Sudan, der Demokratischen Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik, Myanmar, Eritrea und dem Irak. Weltweit betrachtet ist die Türkei das wichtigste Aufnahmeland: Bis Mitte 2015 lebten dort rund 1,84 Millionen Flüchtlinge. Auf den Plätzen zwei bis zehn folgen Pakistan, Libanon, Iran, Äthiopien, Jordanien, Kenia, Uganda, Tschad und Sudan. Auf die Einwohnerzahl betrachtet ist der Libanon das wichtigste Aufnahmeland: Dort kommen auf 1000 Einwohner 209 Flüchtlinge.

Zahl der freiwilligen Heimkehrer deutlich gesunken
Der UNHCR-Bericht zeigt zudem einen weiteren besorgniserregenden Trend: Die Zahl der freiwilligen Heimkehrer ist deutlich gesunken. Wer heutzutage flüchten muss, hat laut dem Flüchtlingshilfswerks schlechtere Chancen in seine Heimat zurückzukehren als zu jedem anderen Zeitpunkt in den letzten 30 Jahren.

EU will bis Juni über gemeinsamen Grenzschutz entscheiden
Angesichts der anhaltenden Flüchtlingskrise will die EU bis Juni über Pläne für einen gemeinsamen Grenz- und Küstenschutz entscheiden. Der Kommission schwebt der Aufbau einer Behörde mit 1000 festen Mitarbeitern sowie eine Reserve von 1500 Grenzschützern vor.

Diese Behörde soll auf Anforderung eines Mitgliedsstaates in Krisensituationen binnen drei Tagen entsandt werden können. Notfalls sollen die Beamten aber auch gegen den Willen einer Regierung, die ihren Verpflichtungen zum Grenzschutz nicht nachkommt, den Einsatz geschickt werden. Ein ranghoher EU-Vertreter sagte am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels allerdings, dass einige EU-Länder Vorbehalte gegen diesen Plan hätten, weil sie damit einen Eingriff in die nationale Souveränität fürchten.

Verteilung von Flüchtlingen: Juncker "nicht optimistisch"
"Nicht übermäßig optimistisch" zeigte sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zudem über eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen auf die einzelnen Staaten ab kommendem Jahr. "Ich mache mir keine Illusionen", so Juncker am Freitag vor Beginn des zweiten EU-Gipfeltages in Brüssel. Mehrere osteuropäische Länder weigern sich seit Monaten, Flüchtlinge aufzunehmen. Auch wegen des schleppenden Aufbaus der Registrierungszentren in Italien und Griechenland wurden bisher nur gut 200 Menschen in andere EU-Länder gebracht.

Auch dem Video-Archiv: So läuft die Ankunft der Flüchtlinge in Spielfeld ab

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