Laut Amnesty

Hunderte Flüchtlinge in der Türkei in Haft

Ausland
16.12.2015 12:27

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat der türkischen Regierung vorgeworfen, seit September Hunderte Flüchtlinge an der Westgrenze der Türkei festgenommen und in Haftzentren im Süden und Osten des Landes gebracht zu haben. Das geht aus einem neuen Bericht unter dem Titel "Europe's Gatekeeper" hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Die Türkei stelle die Menschen "vor eine unmenschliche Wahl: Entweder sie bleiben auf unbestimmte Zeit in Haft, oder sie kehren in ihre Heimatländer Syrien und Irak zurück, wo ihnen Verfolgung, Folter und Tod drohen", erklärte Wiebke Judith, Asyl-Expertin bei Amnesty International in Deutschland.

"Eindeutiger Verstoß gegen internationales Recht"
Damit verstoße die Türkei "eindeutig gegen internationales Recht" und handle "im starken Kontrast zu ihrer bisher sehr humanitären Haltung", erklärte Judith weiter. Flüchtlinge hätten Amnesty International davon berichtet, dass ihnen in der Haft jeder Kontakt zur Außenwelt verboten worden sei. Deswegen sei von einer hohen Dunkelziffer an ähnlichen Fällen auszugehen.

Flüchtlinge zeigten Amnesty demnach Hinweisschilder von Betten und Regalen aus einem Haftzentrum, in dem sie gefangen gehalten wurden. Diese belegen dem Bericht zufolge, dass die Einrichtung mit EU-Geldern betrieben wird. Es sei "schockierend", dass die Europäische Union Haftzentren für Flüchtlinge in der Türkei finanziere, erklärte Judith. EU-Vertreter in Ankara hätten außerdem bestätigt, dass es sich bei sechs geplanten Aufnahmezentren für Flüchtlinge, die die Türkei im Rahmen des neuen Aktionsplans mit EU-Mitteln einrichtet, "in Wahrheit um Haftzentren handelt".

Amnesty fordert unabhängige Überwachung des Aktionsplans
Vor dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag forderte Amnesty die Staaten der Union dazu auf, eine unabhängige Überwachung des Aktionsplans der EU und der Türkei einzurichten. Die Türkei müsse aufhören, "Flüchtende unrechtmäßig festzuhalten" und sie zu zwingen, dorthin zurückzukehren, wo ihr Leben in Gefahr sei, erklärte Judith. Solange dies nicht der Fall sei, müsse die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Türkei in der Flüchtlingsfrage auf Eis gelegt werden.

Die EU hatte Ende November mit der Türkei einen Aktionsplan in der Flüchtlingskrise vereinbart. Er verlangt von Ankara eine bessere Grenzsicherung, um die ungesteuerte Einwanderung nach Europa zu beenden. Im Gegenzug bekommt die Türkei unter anderem drei Milliarden Euro, um die mehr als zwei Millionen Flüchtlinge im eigenen Land besser zu versorgen. Die türkische Regierung hofft aber auch auf eine verbindliche Zusage der EU zur Aufnahme von Flüchtlingen.

Video aus dem Archiv: Fischer rettet Flüchtlingsbaby

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