Jedes Jahr Verletzte

„Finger weg!“ Ärzte warnen vor dem Böller-Wahnsinn

Steiermark
28.12.2025 12:00

In den nächsten Nächten wird es laut in Österreich: Es ist Hochsaison für Feuerwerkskörper. Das belastet nicht nur Menschen, Tiere, Umwelt – es kommt auch jedes Jahr zu schweren Verletzungen, warnen Mediziner: „Finger weg, sonst sind die Finger weg!“

Wenn sich am späten Nachmittag die Dunkelheit über das Land legt, ist es bereits kaum zu überhören: eine Rakete hier, ein Böller dort. Noch werden sie eher vereinzelt gezündet, schon bald erwartet uns ein ohrenbetäubender Mix aus Krach und Funken.

„Die intensive Zeit beginnt meist am Christtag. Der Abendspaziergang mit meinem Hund wird zu einem Spießrutenlauf“, erzählt Michaela Friedrich, HNO-Ärztin am Grazer Uni-Klinikum. In der Silvesternacht folgt dann Jahr für Jahr – trotz Verbots in der steirischen Landeshauptstadt – ein Böller-Wahnsinn. „Meine Therapie-Begleithündin ,Frieda‘ hat furchtbare Angst vor der Knallerei, für sie ist Silvester ein Albtraum.“

„Böller-Saison“ von November bis Ende Jänner
Nach dem jüngsten Jahreswechsel reichte es Friedrich: Sie startete eine Petition „für ein effektives Raketen- und Böllerverbot“ in Graz. Die Ärztin inspirierte damit die Stadtregierung zur neuen Kampagne „Böller? Ohne uns!“, die Anfang Dezember startete – übrigens nur wenige Tage, nachdem sich zwei zwölfjährige Burschen beim Hantieren mit einem Feuerwerkskörper verletzt hatten.

Anfang Dezember wurde die Grazer Kampagne „Böller? Ohne uns“ präsentiert.
Anfang Dezember wurde die Grazer Kampagne „Böller? Ohne uns“ präsentiert.(Bild: Foto Fischer)

Kein untypischer Zeitpunkt, wie Lars-Peter Kamolz, Leiter der Chirurgie im Grazer LKH-Uniklinikum, erzählt: „Die Böllerverletzungen beginnen schon im November und ziehen sich bis Ende Jänner.“ Überwiegend handelt es sich um komplexe Handverletzungen, die mehrstündige Operationen erfordern. Auch Gesicht, Augen und Ohren sind häufig betroffen. „Wir ziehen einen Vergleich mit Kriegsverletzungen“, sagt Kamolz.

„Teilweise irreversible Schäden“
In der HNO-Abteilung kommen laut Friedrich die meisten Patienten, die ein Knalltrauma erlitten haben, am 1. und am 2. Jänner. Ein verstärktes Aufkommen ist aber bis zum Dreikönigstag festzustellen. „Teilweise sind die Schäden irreversibel“, hält die Oberärztin fest. Sie und Kamolz bestätigen: In erster Linie verletzen sich junge Männer.

Zitat Icon

Ich warne vor allem vor illegal importierten Böllern. Knallkörper, die nicht explodiert sind, sollte man keinesfalls nochmals aufheben.

Chirurg Lars-Peter Kamolz

Neben Menschen leiden, wie berichtet, auch Vögel, Haus-, Nutz- und Wildtiere unter der Knallerei. Ein schlimmer Vorfall ereignete sich im Vorjahr am Grazer Lustbühel, wo Knallkörper neben dem Kuhstall gezündet wurden und sich ein völlig erschrockenes Kalb auf der Flucht verletzte. Auch die Feinstaubbelastung vervielfacht sich.

„Finger weg, sonst sind die Finger weg!“
Friedrich appelliert: „Ein Verzicht auf Böller macht Silvester sicherer, friedlicher und für Mensch und Tier deutlich angenehmer.“ Und Kamolz ergänzt: „Auch wenn er banal klingt, passt folgender Spruch: Finger weg, sonst sind die Finger weg!“

Die Appelle werden aber wohl auch heuer weitgehend fruchtlos bleiben. Am Samstag stürmten etwa Massen einen Feuerwerk-Lagerabverkauf in Feldkirchen, Kofferräume wurden mit Raketen und Feuerwerksbatterien gefüllt.

Was bei uns gilt
Strenge Regeln für Feuerwerkskörper

Sobald ein neues Jahr gerade erst begonnen hat, brechen schon Zigtausende Steirer geltende Regeln. Der Grund: Sie zünden unerlaubterweise Feuerwerkskörper.

Diese werden in vier Kategorien (F1 bis F4) eingeteilt. Nur die erste Kategorie, F1, ist völlig unbedenklich und darf von jeder Person ab einem Alter von zwölf Jahren verwendet werden. Dazu zählen Wunder- und Leuchtkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerke.

Viel los war am Samstag bei einem Feuerwerks-Lagerabverkauf
Viel los war am Samstag bei einem Feuerwerks-Lagerabverkauf(Bild: Jürgen Fuchs)

Bereits mit der Kategorie F2 (darunter fallen wenig gefährliche Produkte wie Vulkane und Leuchtbatterien) beginnen Einschränkungen. Diese dürfen zwar grundsätzlich von allen über 16 Jahren benutzt werden – allerdings nicht im Ortsgebiet. Die Bürgermeister können zwar Ausnahmen erteilen, davon nehmen die meisten aber erfahrungsgemäß Abstand.

Komplettverbot bei Tier- und Altersheimen
Für die deutlich gefährlicheren Kategorien F3 und F4 braucht es eine behördliche Bewilligung und einen Pyrotechnikausweis, sie sind also Profis vorbehalten. Ein Komplettverbot für pyrotechnische Gegenstände herrscht in der Nähe von Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen, Kirchen und Tierheimen.

Die Polizei kontrolliert zwar, aber natürlich nur punktuell. Wer erwischt wird, dem drohen empfindliche Geldstrafen.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Steiermark
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt