Zwei Familien, unzählige Erwartungen, eine Mission: Gemeinsam entspannt Weihnachten feiern. Ob volle Hütte oder Besuchsmarathon: Die Mühlviertler Familienmentorin Elisabeth Asanger weiß, warum es an Heiligabend gern knistert – und wie das Fest trotzdem für alle besonders sein kann.
Weihnachten in der Großfamilie: pures Glück – oder doch eher ein festlich geschmückter Escape-Room, aus dem man nur mit viel Humor, Keksen und Nervenstärke wieder herausfindet? Drei Generationen, zehn Menschen, fünf Erziehungsvorstellungen und mindestens zwölf verschiedene Meinungen über das einzig wahre Weihnachtsessen: Willkommen bei Familie 1 – „Alle unter einem Dach“. Wir haben Lebensberaterin und Familienmentorin Elisabeth Asanger („Vertraue Leben“ in Perg) mit zwei typischen Feiertagssituationen konfrontiert, die garantiert die meisten kennen – und wertvolle Tipps für einen möglichst stressfreien Heiligabend bekommen, denn: „Wenn viele Menschen mit unterschiedlichen Rollen, Bedürfnissen und Erwartungen zusammenkommen – noch dazu in einer Zeit, in der sich alle Harmonie wünschen – ist das Konfliktpotenzial sehr hoch.“
Aufgaben verteilen – und zwar rechtzeitig
Der Schlüssel liegt in der Vorbereitung, so die Expertin. Was braucht jede Person, damit das Fest für sie schön wird? „Nicht alles muss an den Eltern hängenbleiben“ betont Asanger. Alle dürfen sich einbringen und ihren Beitrag leisten. Großeltern übernehmen meist gerne Aufgaben, auch die Kinder dürfen mithelfen. „Am besten sagt jeder eine Sache, die ihm wirklich wichtig ist. Der Rest darf bei Zeitdruck auch einfach wegfallen.“
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Kinderzitat der Woche von Milena (15) aus Linz
Perfektion? Der Endgegner. „Hilfreich kann das Bild vom ,genügend guten Weihnachten‘ sein“, findet Asanger. Es ist okay, wenn das Essen fad schmeckt, die Deko schief hängt und die Kinder irgendwann quengeln. „Ein gelungenes Fest lebt nicht von idealen Abläufen, sondern von der Nähe in der Familie.“
Warum Kinder oft überdrehen und wie wir vorbeugen können
Besonders für die jüngsten Familienmitglieder sollten an den Feiertagen genügend Bewegung eingeplant, die Geschenkeflut reduziert und Ruhezonen geschaffen werden. Es muss auch nicht alles an einem Tag durchgezogen werden, so Asanger. „Wenn der gewohnte Alltag fehlt und die Spannung greifbar ist, kann das irgendwann einfach zu viel werden.“ Ihr Tipp: „Kinder nicht zu lange im Spannungsaufbau lassen. Lieber früher mit dem Fest beginnen, damit die Stimmung nicht kippt.“ Und: Auch Eltern brauchen und dürfen sich Pausen gönnen! „So lernen auch die Kinder, dass man nicht ständig im Hamsterrad laufen muss.“ Ob ein Spaziergang zu zweit, eine Tasse Tee oder gemeinsames Spielen mit den Kids: Auszeiten machen das volle Haus spürbar leichter.
„Es ist nur ein Abend. Wir müssen nicht zusammenleben.“
Und wenn es an Heiligabend doch mal unangenehm knistert? „Heikle Themen bewusst meiden, nicht alles persönlich nehmen – die meisten wollen nicht verletzen, sondern können die Sach- nicht von der Beziehungsebene unterscheiden –, sich bewusst machen, dass es nur ein gemeinsamer Abend ist und man nicht miteinander leben muss. Und notfalls kurz rausgehen, bevor es eskaliert.“ Fazit: Ein entspanntes Weihnachtsfest mit einem Haus voller Menschen ist möglich – mit klaren Absprachen, einem gesunden Blick auf das Machbare und dem Mut zum Unperfekten. Dann wird Weihnachten nicht nur „genügend gut“, sondern richtig schön.
Familie 2: „Zwischen allen Stühlen“ – der Besuchsmarathon
Kein Kinderchaos, keine volle Hütte – dafür zwei große Herkunftsfamilien, geschiedene Eltern, viele Verwandte und eine Liste aus Erwartungen, die länger ist als jede Geschenkpapierrolle. Die Mission: möglichst niemanden enttäuschen. Die Realität: totale Erschöpfung. Wenn keine Freude mehr aufkommt, sondern das bloße Dran-Denken schon Stress verursacht und sich der Körper meldet, indem er etwa mit Verspannung, Gereiztheit oder Schlafproblemen reagiert, heißt das: Wir haben uns wieder viel zu viel vorgenommen.
Elisabeth Asangers erster Rat: offen miteinander reden, Bedürfnisse klären. Welche Traditionen sind unverhandelbar, welche könnten ein Update vertragen? Ein zentrales Problem sei der Anspruch, alles unterzubringen. „Dieses Paar sollte sich bewusst machen, dass man nicht alle Wünsche erfüllen kann, ohne sich selbst zu überfordern. Grenzen zu setzen ist kein Egoismus – sondern Selbstfürsorge und Beziehungspflege.“
Ja, Veränderungen können anfangs auf Enttäuschung oder Unverständnis in der Verwandtschaft stoßen, doch Asanger beruhigt: „Schuldgefühle zeigen uns, dass uns eine Beziehung wichtig ist – das ist gut und völlig normal. Verantwortung für die Erwartungen anderer zu übernehmen, ist aber nicht unsere Aufgabe. Viele beruhen auf alten Mustern und werden übernommen, weil es halt schon immer so war. Nach einigen Wiederholungen wird der neue Ablauf meist ganz selbstverständlich angenommen.“ Wichtig sei die Art, wie man es formuliert: „Wir haben entschieden, dass…“ – ein Satz, der Zusammenhalt zeigt und Diskussionen abkürzt.
Strategien für weniger Stress
Damit aus Weihnachten kein Extrem-Sport wird, empfiehlt Asanger Kurzbesuche (Qualität vor Quantität!), Zeitpuffer und eigene Paarrituale zu schaffen – etwa ein ruhiger Morgenkaffee, ein Brunch zu zweit oder ein romantischer gemeinsamer Abendspaziergang. Denn nur wer selbst zur Ruhe kommt, kann schöne Begegnungen wirklich genießen, ist Asanger überzeugt. „Besuche sind schöner, wenn wir nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Freude hingehen.“
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