Seit Wochenbeginn gilt in ganz Österreich ein erhöhtes Risiko für Vogelgrippe. Der Virologe Florian Krammer hält im Rahmen einer Fachtagung eine baldige Pandemie unter Menschen zwar für unwahrscheinlich, betont aber, dass die Entwicklung genau beobachtet werden muss. Besonders gefährlich könnte es werden, wenn Menschen durch direkten Tierkontakt gleichzeitig mit saisonalen Grippeviren und H5N1 infiziert sind.
Die Sorge vor einer Übertragung des Vogelgrippevirus auf den Menschen ist derzeit groß: Glücklicherweise wird das Virus, das vor allem unter Wildtieren und seit einiger Zeit auch unter Nutztieren kursiert, wahrscheinlich noch nicht von Mensch zu Mensch übertragen. Bei dem momentan global zirkulierenden Vogelgrippevirus handelt es sich um eine laut dem Virologen Krammer „sehr fitte“ neue Variante, die die Bezeichnung „Klade 2.3.3.4b“ trägt und in dieser Form erstmals 2020 auftauchte.
Für den am Ignaz Semmelweis Institut in Wien sowie der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (USA) tätigen Virologen ist die aktuelle Situation ein Paradebeispiel für „One Health“ – also das gesamthafte Betrachten der Gesundheit von Mensch und Tier. Dieses Konzept ist auch das Thema der AGES-Veranstaltung (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit), die am Dienstag endet.
Gefahr vor springenden Varianten
Auf die Entwicklung von H5N1 müsse man „ein Auge haben“, sagte Krammer. Große Grippepandemien der vergangenen 100 Jahre seien meist entstanden, wenn ein Influenza-A-Virus, wie H5N1, von Tieren auf Menschen übergesprungen sei. In Tieren zirkulieren viele solcher Virus-Subtypen, vor allem bei Meeresvögeln, Fledermäusen sowie bei Säuge- und Nutztieren. Gefährlich werde es, wenn es viel Kontakt und genetischen Austausch zwischen Mensch und Tier gebe. Besonders riskant sei eine gleichzeitige Infektion mit saisonalen Grippeviren und H5N1. Entsteht dabei eine neue Variante, die sich leicht unter Menschen verbreitet und zugleich sehr krank macht, dann hätte man es mit einer „gefährlichen Situation“ zu tun, die historisch zu Pandemien geführt hat, sagte Krammer.
Glücklicherweise gabs es bisher vor allem in Europa noch wenige nachgewiesene Infektionen von Menschen, von denen die allermeisten glimpflich verlaufen sind. Weiter ein Problem sei aber, dass der Vogelgrippe-Virus in Nordamerika den Sprung in Kühe geschafft habe, was man dort „nach wie vor nicht unter Kontrolle“ habe. Hierzulande infiziert das Virus vornehmlich die Milchdrüsen und erreicht dort auch besonders hohe Konzentrationen. In abgetöteter Form findet man es seit einiger Zeit auch in der Milch in den USA.
In Österreich gibt es bereits die Möglichkeit, dass sich Leute in Risikogruppen mit einem H5-Impfstoff immunisieren lassen.
Der Virologe Florian Krammer
Umstellung der Impfstoffe möglich
Nicht auszuschließen sei, dass es in Nordamerika bereits zu Mensch-zu-Mensch-Übertragungen mit H5N1 gekommen ist, meinte Krammer. Eine Bestätigung dafür stehe aber noch aus. Gäbe es mehr Vogelgrippe-Infektionen unter Menschen, könnte man jedenfalls etwas tun: Die Medikamente Baloxavir und Tamiflu sollten hier hilfreich sein. Laut Krammer könnte man auch die gängigen saisonalen Grippe-Impfstoffe relativ rasch auf H5 umstellen.
Menschen, die viel Kontakt mit gefährdeten Tieren haben, wie Veterinäre, Geflügelbauern und Jäger, sollten jedenfalls unbedingt heuer eine Impfung gegen die saisonale Influenza in Erwägung ziehen. Zusätzlich gibt es auch in Österreich bereits „die Möglichkeit, dass sich Leute in Risikogruppen mit einem H5-Impfstoff immunisieren lassen“, sagte der Virologe bereits vor der Konferenz: „Dies schützt natürlich auch vor solchen Infektionen.“ Für Hühner ist ebenfalls ein Impfstoff verfügbar. „Er wird zum Beispiel in Frankreich erfolgreich angewendet“, so Krammer.
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