„Kampf um Ruinen“

Kiew schickt Spezialtrupp hinter feindliche Linien

Ausland
01.11.2025 13:53

Ukrainische Truppen laufen bei Pokrowsk Gefahr, von Putins Soldaten eingekesselt zu werden. Während manche Experten die ukrainische Politik für die extrem brenzlige Lage verantwortlich machen, versucht Kiew mit einer Verzweiflungsaktion, die Lage unter Kontrolle zu bringen.

Mit Spezialkräften hinter den russischen Linien versucht die Ukraine angeblich, den Fall der bedrängten Stadt Pokrowsk im Osten aufzuhalten. Ein Kommandotrupp sei mit dem Hubschrauber abgesetzt worden und solle die Nachschublinien nach Pokrowsk und Myrnohrad freikämpfen, berichteten ukrainische Medien unter Berufung auf Quellen im Militärgeheimdienst HUR.

Geheimdienstchef Kyrylo Budanow sei selbst an der Front, um die Aktion zu befehligen, meldete der Sender Suspilne.

Das russische Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte in seinem Lagebericht den Angriff der Ukrainer. Die Aktion sei aber vereitelt worden. „Alle elf Personen, die von dem Hubschrauber abgesetzt wurden, wurden vernichtet“, hieß es am Samstag. Dies wiederum wurde von Quellen im HUR in Kiew dementiert. Der Einsatz gehe weiter. Mehreren Medien wurde ein Video der Landung zugespielt, das aber keine klaren Rückschlüsse auf die Lage zulässt.

Russische Truppen stürmen seit mehr als einem Jahr mit hohen Verlusten gegen die Bergbaustadt Pokrowsk im Donbass an, die vor dem Krieg etwa 60.000 Einwohner hatte. Mittlerweile sind sie in die Stadt eingedrungen. Den ukrainischen Truppen in Pokrowsk und der Nachbarstadt Myrnohrad droht die Einkesselung. Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj befahl bei einem Frontbesuch, die Nachschub und Evakuierungswege zu sichern.

Lage heizt alte Debatten an
Die brutalen Kämpfe um Pokrowsk rücken ein akutes Problem der ukrainischen Armee in den Fokus: den Infanteriemangel. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach zuletzt davon, dass seine Truppen im Verhältnis acht zu eins unterlegen seien.

Die US-Denkfabrik Atlantic Council warnt: Es bestehe die Gefahr, dass nicht mehr genug Kämpfer da sind, um die Front zu halten. Militärexperte Oberst Markus Reisner beschrieb die Front zuletzt gegenüber dem Sender ntv als „keine durchgehende Linie von Stellungssystemen“. Die Ukraine habe Stützpunkte wie eine „Perlenkette“ angelegt, „und die Abstände zwischen diesen einzelnen Perlen, den einzelnen Stützpunkten, werden immer größer.“

Die Situation werde laut Kriegsbeobachtern durch Kiews Politik verschärft. Männern von 18 bis 22 Jahren wurde die Ausreise erlaubt, Männer bis 25 Jahre werden nicht zum Frontdienst eingezogen, was oft kritisiert wird. Die Ersteller der „Ukraine Control Map“, die den Frontverlauf minutiös dokumentieren, sehen gar den „Höhepunkt der Rekrutierungskrise“, da ins Ausland gegangene junge Männer „große Lücken“ im Land hinterlassen.

Kostspielige Kämpfe um Ruinen
Für den Kreml wäre die Einnahme von Pokrowsk ein Propaganda-Sieg und die Bestätigung seiner Strategie, den Krieg durch schiere Masse zu gewinnen. Putin sähe es als Zeichen, „dass die Zeit auf seiner Seite ist“, schreibt das Atlantic Council. Doch auch Russlands Armee ist angeschlagen. Trotz Überzahl erzielt sie nur kleine Geländegewinne unter massiven Verlusten, und die Rekrutierung von Freiwilligen soll stocken.

Andere Analysten warnen jedoch vor Pessimismus. Ein früherer russischer Durchbruch bei Dobropillja konnte von Kiew wieder unter Kontrolle gebracht werden. Auch Militärexperte Nico Lange mahnt auf X, aus dem Vormarsch nicht auf einen schnellen russischen Sieg zu schließen. Er erwartet stattdessen „noch viele weitere Monate sehr kostspieliger Kämpfe für Russland um Ruinen“. 

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