Nicht jeder, der im Spital mit OP-Kittel, Schutzbrille, Mundschutz und Handschuhen unterwegs ist, hat das Wohl von Patienten im Auge, sondern zumindest in einem belegten Fall deren Wertgegenstände. Ein Diebstahl im Wiener AKH lässt dort und bei der Polizei die Alarmglocken schrillen.
Herr M. war Ende September gerade im Waschbereich seines Einbettzimmers im Wiener AKH, als plötzlich ein Mann in voller OP-Montur hereinstürmte. Er sprach den betagten Patienten per Namen an und erklärte, es sei bei ihm aufgrund seiner Befunde eine bedrohliche Infektion festgestellt worden, er werde in der nächsten Viertelstunde auf die Quarantänestation verlegt. „Lassen Sie alles liegen. Wenn Sie mir ihre Wertgegenstände geben, kann ich die schon auf die andere Station hinüberbringen“, fügte er hinzu.
Erbstück im guten Glauben ausgehändigt
Herr M. tat, wie ihm geraten wurde – und wartete in seinem Zimmer auf die Verlegung. Die passierte freilich nie, denn er hatte keine bedrohliche Infektion, sondern war Opfer eines gewieften Trickdiebs geworden. Der hatte Herrn M. eine Goldkette im Wert von rund 7000 Euro abgenommen, die der pensionierte Schmuckhändler sich vor 40 Jahren geleistet und seither stets getragen hatte. „Mein Sohn hätte sie erben sollen“, seufzt er, als er der „Krone“ den Vorfall schildert.
Herrn Ms. Glück im Unglück: Alle restlichen Wertgegenstände hatte er in der Depotstelle des Spitals verwahrt, wie das allen Patienten dringend geraten wird. Im Nachhinein ärgert sich der 87-Jährige über sich selbst, dass er dem vermeintlichen OP-Gehilfen sofort geglaubt habe: „Wenn Sie so alt sind wie ich ... ich habe einfach nur Angst gehabt.“ Die Polizei und das AKH bestätigen den Tathergang.
Polizei und AKH alarmiert durch neue Masche
Das Spital reagierte prompt: Patienten wird seither – zusätzlich zu den ohnehin üblichen Mahnungen zu Vorsicht, etwa in der Aufnahmebroschüre – noch mehr eingeschärft, bei unerwarteten Vorgängen nach dem Dienstausweis des Spitals Ausschau zu halten, den echtes Personal trägt. Rundgänge des Sicherheitspersonals wurden verstärkt. Zumindest sei aber der Diebstahl nur „ein bedauerlicher Einzelfall“.
Die Erhebungen und Ermittlungen sind im Gange. Eine Häufung von Diebstählen mit diesem Modus Operandi ist aber nicht zu verzeichnen.
Landespolizeidirektion Wien
Die Diebesmasche dürfte tatsächlich neu sein, bisher wurden in Wien laut der Polizei keine anderen derartigen Vorfälle gemeldet. Ermittlungen laufen dazu, fest steht aber schon: Der Dieb dürfte sich die Kleidung zuvor besorgt haben, möglicherweise durch eine Bestellung im Internet. Erstens sah sie laut den Schilderungen von Herrn M. anders aus als die AKH-Dienstkleidung, und zweitens werden Ausgabe und Rückgabe von Dienstkleidung im AKH ausschließlich in versperrten Bereichen abgewickelt.
Der Dieb hatte offenbar bewusst ein Einbettzimmer ausgewählt. So konnte er das Opfer sofort mit Namen ansprechen, damit Vertrauen aufbauen und außerdem einigermaßen sicher sein, dass es keine weiteren Zeugen gibt. Darüber hinaus habe er sich über Patienten in Einbettzimmern wohl gedacht, „die haben was“, vermutet Herr M. Für den Dieb hat er nur Verachtung übrig: „Die Pension ist eh schon so klein – so eine Frechheit, dass man alte Leut‘ so herbeutelt.“
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