Virginia Giuffres posthume Memoiren enthüllen nicht nur Details ihres Missbrauchs, sondern auch, wie ihre Anwälte Prinz Andrew letztendlich zu einem Vergleich zwingen konnten. Sein Skandal-Interview mit Emily Maitlis soll dem Klägerteam „Munition“ geliefert haben.
Lange blieb unklar, wie es 2022 zu der überraschend schnellen juristischen Einigung zwischen Prinz Andrew und Virginia Giuffre kam. Die US-amerikanisch-australische Klägerin hatte ihm damals dreifachen sexuellen Missbrauch vorgeworfen – Anschuldigungen, die sie nun in ihren Memoiren ausführlicher beschreibt und bekräftigt. Sie wiederholt die schweren Vorwürfe, als Minderjährige von Jeffrey Epstein zu sexuellen Handlungen mit Prinz Andrew gezwungen worden zu sein. Andrew weist diese Anschuldigungen weiterhin entschieden zurück.
In der Autobiografie „Nobody’s Girl“ schildert Giuffre nun erschütternde Details, die erklären, warum der ehemalige Duke of York letztlich einem millionenschweren Vergleich zustimmte.
Das verhängnisvolle „Newsnight“-Interview
Der Wendepunkt in dem Fall war laut Giuffre Prinz Andrews katastrophales BBC-Interview mit Emily Maitlis im Jahr 2019. In dem Gespräch bestand Andrew darauf, er könne sich nicht an ein Treffen mit Giuffre erinnern, entschuldigte sich nicht für seine Freundschaft mit dem Sexualstraftäter Epstein und zeigte absolut kein Mitgefühl für dessen Opfer.
Die unmittelbare Folge war sein erzwungener Rückzug aus dem öffentlichen Leben. Für Giuffres Anwaltsteam war das Interview jedoch ein Geschenk: „So verheerend dieses Interview für Prinz Andrew war, für mein Anwaltsteam war es wie eine Injektion Kerosin“, schreibt Giuffre. „Sein Inhalt würde uns nicht nur helfen, einen bombenfesten Fall gegen den Prinzen aufzubauen, sondern auch die Tür öffnen, um potenziell seine Ex-Frau, Sarah Ferguson, und ihre Töchter, die Prinzessinnen Beatrice und Eugenie, vorzuladen.“
Die Löcher im Pizza-Alibi
Andrews Behauptung im Interview, er könne Giuffres Datumsangaben nicht bestätigen, da er an einem der fraglichen Tage, dem 10. März 2001, mit seiner Tochter Beatrice in einer Pizzeria gewesen sei, wurde zum juristischen Risiko. „Hat er wirklich Beatrice, wie er behauptete, am 10. März 2001 zum Pizzaessen mitgenommen? Wenn wir die Prinzessinnen vorladen würden, könnten seine Familienmitglieder potenziell Löcher in sein Alibi stechen“, heißt es in dem Buch.
Auch Andrews bizarres Argument, er habe aufgrund einer medizinischen Bedingung namens Anhidrose (Mangel an Schweißbildung) nicht geschwitzt – im Gegensatz zu Giuffres Beschreibung eines „triefend nassen“ Abends – hätte vor Gericht hinterfragt werden können.
Die Flucht nach Balmoral
Die Aussicht auf eine öffentliche Befragung seiner Familie und die Demontage seiner Alibis machten einen Prozess für Andrew somit untragbar!
Giuffre beschreibt weiter, wie der Prinz versuchte, die Zustellung der Klageschrift zu vermeiden, indem er sich hinter den „gut bewachten Toren“ von Queen Elizabeths Balmoral Castle versteckte. Der schließlich nach zweitägigen Mediationsgesprächen ausgehandelte Vergleich brachte Giuffre laut eigener Aussage mehr als nur Geld. Andrew akzeptierte im Dokument, dass sie „als erwiesenes Opfer von Missbrauch und als Folge unfairer öffentlicher Angriffe gelitten“ habe. Giuffre wertete dies als „Anerkennung, dass ich und viele andere Frauen Opfer geworden waren“.
Die Einhaltung einer einjährigen Geheimhaltungsklausel habe sie nur zugestimmt, um das Platin-Jubiläum der Königin nicht weiter zu „beflecken“. Mit dem Geld gründete sie später ihre Speak Out, Act, Reclaim (Soar) Stiftung zur Bekämpfung von Menschenhandel.
Droht Aberkennung des Prinzentitels?
Prinz Andrew verlor seine militärischen Ränge, seine Rolle als aktives Mitglied der Royal Family und seine Anrede als Königliche Hoheit. Im Zuge der nun erfolgten Buchveröffentlichung musste er auch seinen Titel als Herzog von York und weitere Ehrungen niederlegen – wohl auf Druck des 76-jährigen Monarchen Charles und von Thronfolger Prinz William.
Giuffres Bruder forderte, Andrew solle auch der Prinzentitel entzogen werden. Für die Aberkennung des Prinzentitels, den Andrew seit seiner Geburt trägt, bedürfte es allerdings eines Erlasses durch den König, der von der Regierung initiiert werden müsste.
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.