Jenem zum Tatzeitpunkt 14-jährigen Schüler, der im Internet auch einen Wiener Stadtpolitiker gefährlich bedroht hatte, wurde nach mehr als einem Jahr Ermittlungen im Landesgericht Korneuburg (NÖ) der Prozess gemacht. Ihm wird auch Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Tatbestand der kriminellen Organisiation vorgeworfen.
„Ich bin IS-Unterstützer. Ich werde weitermachen. Die Polizei wird mich nicht stoppen“; „In 11 Tagen machen wir einen Anschlag. Nicht ich, aber jemand bei der Pride“; „Ich werde morgen einen Juden abschlachten und einen Christen mit dem Messer“ – dies sind einige von Hunderten Nachrichten, Videos und Audiodateien, die ein 14-jähriger IS-Fan zwischen April und Juli 2024 auf diversen Kanälen wie Instagram, TikTok oder Telegram gepostet beziehungsweise weiterverbreitet hatte.
Bewährungshilfe und Deradikalisierung
Wie die „Krone“ berichtete, hat der Jugendliche auch einen Wiener Stadtpolitiker mit dem Tod bedroht. Dessen Kopf war auf einem Bild auf einem seiner Postings rot eingeringelt, darunter eine Faustfeuerwaffe und der Text: „Abtrünnige gehören getötet“. Die „Krone“ berichtete mehrfach über den Fall, der von deutschen Geheimdiensten aufgedeckt wurde.
Ich wollte mich einfach cool fühlen.
Der junge Angeklagte über seine Postings.
Am Montag wurde dem in Wien geborenen Schüler, dessen Eltern 2003 selbst wegen Verfolgung durch Extremisten nach Österreich fliehen mussten, im Landesgericht Korneuburg der Prozess gemacht. Dabei kommt der Bursche, der zu spät zur Verhandlung erscheint, gänzlich ohne Strafe davon. Der Schöffensenat bietet ihm eine Diversion mit einer Probezeit von zwei Jahren an, als Auflage muss er Bewährungshilfe in Anspruch nehmen und weiter am Deradikalisierungsprogramm teilnehmen.
„Haben Sie diese wirklich grauslichen Sachen im Internet veröffentlicht?“, will Herr Rat von dem kindlich wirkenden Angeklagten wissen. „Ja, das stimmt“, gibt der Bub, der mittlerweile 15 ist, zu. Und warum? „Ich war halt den ganzen Tag zu Hause. Da hab ich auf TikTok diese Videos bekommen und bin auf diese Schiene geraten“, erzählt er. Seine Eltern sind in Österreich bestens integriert und laut Richter „ordentliche, fleißige Leute.“ Ebenso wie die älteren Geschwister des Angeklagten, der die Sommerferien 2024 vorrangig in Untersuchungshaft verbracht hatte.
Es erfüllt mich mit Angst. Der Vorfall beunruhigt mich.
Der bedrohte Politiker zur Polizei.
„Wusste gar nicht, wer das ist“
Zu der Drohung gegen den Politiker sagt er: „Ich wusste gar nicht, wer das ist.“ Warum er Propaganda für den IS gemacht hätte, will Herr Rat wissen: „Ich wollte mich einfach cool fühlen“, so die bedrückende Antwort. Bei dem Politiker indes hat das Posting durchaus etwas ausgelöst: „Es erfüllt mich mit Angst. Der Vorfall beunruhigt mich. Ich bin seither aufmerksamer geworden, mache etwa nicht mehr einfach so die Türe auf, wenn jemand läutet“, verliest der Vorsitzende aus dem Protokoll.
Der Angeklagte habe eine positive Entwicklung bei der Deradikalisierung hinter sich, berichten die Sozialarbeiter unisono. Er sei zuverlässig und gesprächsbereit: „Er hatte viele Fragen zu religiösen und ideologischen Themen“, sagt etwa der Veranwortliche vom Verein Derad.
„Ich hab eingesehen, dass es ein Fehler ist“, sagt der Schüler, der demnächst im Bereich der IT eine Lehrstelle finden möchte.
Im Netz „hineingestolpert“
„Das Haftübel hat mein Mandant bereits verspürt“, argumentiert der Verteidiger. „Wenn man kein Korrektiv hat, stolpert man halt leicht in so etwas hinein.“ Bleibt zu hoffen, dass dieses Kapitel bei dem jungen Angeklagten tatsächlich abgeschlossen ist. Die Diversion ohne Strafe wird jedenfalls keine abschreckende Wirkung auf andere junge Burschen haben, die im Internet zu Gewalt und Terror aufrufen.
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