AMS-Chef Kopf deutlich

„Potenziale jener Ausländer nützen, die da sind“

Wirtschaft
12.10.2025 11:48

In Wien wird das Arbeitskräfteangebot deutlich ansteigen, in den übrigen Bundesländern dramatisch sinken, prognostiziert die Statistik Austria. Für AMS-Chef Johannes Kopf ist das „eine wirklich schlechte Nachricht“. Er fordert neue Ansätze, um den Mangel an Arbeitskräften zu entschärfen.

„Die Demografieprobleme am Arbeitsmarkt wird man durch die ‘Rot-Weiß-Rot-Karte‘ allein nicht lösen können“, betont Kopf im APA-Interview. Österreich sei nicht das Zielland Nummer 1 für internationale Fachkräfte. 

„Wir müssen die Potenziale jener Ausländer nützen, die wir nicht gerufen haben, die aber da sind, etwa geflüchtete Minderjährige“, so der AMS-Chef. „Mit der richtigen Förderung könnten auch sie einen Lehrabschluss schaffen und die für morgen benötigten Arbeitskräfte werden.“ Bundesländer wie Kärnten würden künftig besonders unter einem Arbeitskräftemangel leiden.

Fachkräfte-Suche in Zeiten der Rezession
Österreich versucht seit Jahren mehr Fachkräfte von außerhalb der EU anzuwerben. Die Zahlen steigen, sind aber auf niedrigem Niveau. Lediglich etwas mehr als 12.400 qualifizierte Arbeitskräfte verfügten zu Jahresmitte über eine Rot-Weiß-Rot-Karte, die eine befristete Niederlassung in Österreich mit beschränktem Arbeitsmarktzugang ermöglicht.

Österreichs Arbeitsmarkt und Wirtschaft sind seit 2020 in Turbulenzen: zuerst Coronapandemie, dann Rekordteuerung und zuletzt über zwei Jahre Wirtschaftsabschwung. Die Arbeitslosenzahlen steigen seit April 2023 und sollen laut Prognosen erst im Jahr 2026 sinken. In den nächsten Jahren erwarten die Wirtschaftsforscher durch mehr Wirtschaftswachstum und den demografischen Wandel eine gewisse Entspannung am Arbeitsmarkt. Bis 2030 rechnet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) mit einem spürbaren Rückgang der Arbeitslosenquote von heuer 7,5 Prozent auf 5,9 Prozent.

Die Infografik zeigt die Wirtschaftsprognose für Österreich von 2022 bis 2026 mit Daten zu Wirtschaftswachstum, Inflation, Arbeitslosigkeit, Budgetsaldo und Treibhausgasen. Für 2025 und 2026 erwarten WIFO und IHS ein Wirtschaftswachstum um 1 % und eine Inflation von 3,5 bis 2,4 %. Die Arbeitslosenquote bleibt laut Prognose über 7 %. Das Budgetdefizit liegt weiterhin bei rund 4 % des BIP. Die Treibhausgasemissionen sinken laut WIFO leicht, für IHS gibt es keine Prognose. Quelle: WIFO/IHS.

Bei Flüchtlingsintegration „wahnsinnig viel geschafft“
Zwar habe man zehn Jahre nach der großen Flüchtlingswelle „wahnsinnig viel geschafft“, betont der AMS-Vorstand. Denn mehr als 60.000 Personen aus Syrien, Afghanistan, Irak und Iran seien in Österreich in Beschäftigung. „Wir sind aber noch nicht fertig, weil nach 2016 in den Folgejahren konstant immer noch Menschen aus diesen Regionen nach Österreich gekommen sind.“ Derzeit leben rund 75 Prozent der Flüchtlinge in Wien. Kopf hat sich in der Vergangenheit mehrfach für die Residenzpflicht ausgesprochen. Sie soll anerkannte Flüchtlinge über einen längeren Zeitraum in dem ersten Bundesland halten, in dem sie Asyl bekamen. Damit soll ein zu starker Zuzug nach Wien verhindert werden.

Als großes Problem für die heimische Wirtschaft ortet der AMS-Chef das sinkende Arbeitsvolumen. Zwischen 2008 und heute sei die Anzahl der unselbstständig Beschäftigten von 3,39 auf 3,96 Millionen gestiegen, aber die gesamt geleisteten Arbeitsstunden seien leicht gesunken. „Dass wir im Durchschnitt immer weniger arbeiten, ist gut für die Arbeitslosenzahlen, aber schlecht für den Wirtschaftsstandort, für die Produktivität und die Sozialversicherung.“

Kinderbetreuung soll mehr Vollzeit ermöglichen
Angesichts der zuletzt im Sommer aufgeflammten Debatte um die hohe Teilzeitquote in Österreich argumentiert Kopf für eine flächendeckende Ganztagsbetreuung von Kindern, um die Arbeitszeit der Beschäftigten zu heben. „Erst wenn wir das haben, gibt es Wahlfreiheit. Dann kann man sich ansehen, welche Anreize es im System gibt, in Teilzeit zu verharren“, sagte der AMS-Vorstand.

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