Barock im KHM

Die späte Wiederentdeckung der Michaelina Wautier

Kultur
30.09.2025 05:45

Nur nach und nach lassen sich Leben und Werk der in Vergessenheit geratenen Barockmalerin Michaelina Wautier rekonstruieren. Immer mehr Werke können ihr zugeordnet werden. Das Kunsthistorische Museum zeigt nun die bisher umfassendste Ausstellung dieser außergewöhnlichen Künstlerin.

Es ist eine bemerkenswerte kunsthistorische Wiederentdeckung, die der Barockmalerin Michaelina Wautier in den vergangenen Jahren widerfährt. Über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten, wurde ihr Werk oft männlichen Kollegen zugeordnet oder schlummerte unerkannt in Depots. Auch in der Sammlung des Kunsthistorischen Museums finden sich vier ihrer Werke – seit 1659, wie sich heute über eine Inventarliste belegen lässt.

Über das außergewöhnliche Leben der Künstlerin in Brüssel ist wenig bekannt, selbst ihre Lebensdaten sind nicht gesichert. Um 1614 in eine wohlhabende Familie geboren, blieb sie ledig und lebte bis zu ihrem Tod 1689 mit ihrem Bruder Charles, ebenfalls Maler, mit dem sie wohl das Atelier teilte.

Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Geschmacksinn), 1650, Öl auf Leinwand
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Geschmacksinn), 1650, Öl auf Leinwand(Bild: Foto © 2025 Museum of Fine Arts, Boston)
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Geruchsinn), 1650, Öl auf Leinwand
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Geruchsinn), 1650, Öl auf Leinwand(Bild: Foto © 2025 Museum of Fine Arts, Boston)
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Gehörsinn), 1650, Öl auf Leinwand
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Gehörsinn), 1650, Öl auf Leinwand(Bild: Foto © 2025 Museum of Fine Arts, Boston)
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Tastsinn), 1650, Öl auf Leinwand
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Tastsinn), 1650, Öl auf Leinwand(Bild: Foto © 2025 Museum of Fine Arts, Boston)
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Sehsinn), 1650, Öl auf Leinwand
Michaelina Wautier: Die fünf Sinne (Der Sehsinn), 1650, Öl auf Leinwand(Bild: Foto © 2025 Museum of Fine Arts, Boston)

Werke männlichen Kollegen zugeschrieben
Die Zahl der gesichert Michaelina Wautier zugeschriebenen Werke wächst derzeit kontinuierlich, aktuell sind es 35 Bilder. 29 Gemälde, eine Zeichnung und eine Grafik sind bis Februar im Kunsthistorischen Museum zu sehen.

Im Zentrum steht der großformatige „Triumph des Bacchus“, bei dem man sich ob der vielen nackten männlichen Figuren lange nicht vorstellen konnte, dass eine Frau es gemalt haben könnte. Spannend ist neben dem innovativen Selbstporträt, das die Malerin mit Staffelei und Pinsel klar als solche identifizierbar macht, die erst jüngst wiederentdeckte Serie „Die fünf Sinne“, die Michaelina Wautier humorvoll als Knabenporträts umgesetzt hat. Die unverfälschten Blicke und die ungeschönte Mimik dieser Kinder zeugen von besonderer Menschenkenntnis.

Michaelina Wautier: „Die Erziehung Mariens“, 1656
Michaelina Wautier: „Die Erziehung Mariens“, 1656(Bild: Den Haag, Privatsammlung)
Michaelina Wautier Selbstporträt ca. 1645
Michaelina Wautier Selbstporträt ca. 1645(Bild: Museum of Fine Arts, Boston)
Michaelina Wautier: „Jungen beim Seifenblasen“ aus der frühen 1650er Jahren
Michaelina Wautier: „Jungen beim Seifenblasen“ aus der frühen 1650er Jahren(Bild: Nathaniel Willson)

Die ausdrucksstarken Augen sind überhaupt eines der Markenzeichen der Michaelina Wautier. Denn selbst wenn ihre Stoff- und Faltenwürfe mitunter flächig werden: die Augen der Figuren ziehen immer detailreich in den Bann. Berührend etwa der klare Blick der kindlichen Gottesmutter in „Die Erziehung Mariens“ oder der traurig wissenden Ausdruck in den Augen des alttestamentarischen Hirten Jakob.

Dazu gibt es weiter Porträts, Altarbilder und Stillleben, die das Können der flämischen Malerin illustrieren. Kuratorin Gerlinde Gruber stellt das Werk von Michaelina Wautier geschickt in den Kontext ausgewählter Zeitgenossen.

Eine Schau, die zeigt, wie spannend – und lebendig – Kunstgeschichte sein kann. Und dass auch der Blick auf die Vergangenheit längst nicht so starr ist, wie wir gerne glauben.

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