Wiener Volkstheater

Wenn sich Buben küssen: Skandal auf dem Schulhof

Kultur
24.09.2025 17:24

Interview: Zak Zarafshans Londoner Sensationserfolg „The Boys Are Kissing“ hat am Donnerstag Premiere. Nick Romeo Reimann & Luca Bonamore fliegen als Engel durch die deutsche Erstaufführung im Volkstheater.

Wie eine idyllische Kleinstadt auf sich am Schulhof küssende achtjährige Buben reagiert, führt „The Boys Are Kissing“ vor. Nick Romeo Reimann und Luca Bonamore mischen sich dabei als Engel kräftig ein.

„Krone“Regen zwei sich küssende Knaben heute noch auf?

Luca Bonamore: Ich würde sagen: Ja, leider. Denn es war, ist und bleibt wohl auch immer ein Thema, weil sich rechtsextreme und konservative Ideologien immer dagegen wehren werden.

Nick Romeo Reimann: Das Stück ist vor allem so gebaut, dass der Kuss nur der Auslöser ist für ein Riesen-Besprechungsdrama unter Eltern, die dann ihre Konflikte auf dem Rücken der Kinder austragen. Dass sich zwei Jungs küssen, damit hat das alles insofern nichts mehr zu tun. Autoritärer Backlash trifft auf queere, real gelebte Lebensmodelle, und das wird dann ausgekämpft. Es ist ein sehr plausibles Setting, was so heute auch an jeder Wiener Schule stattfinden könnte, mit ganz komplexen Dynamiken.

Sie sind queere Engel, die sich helfend einmischen?

Reimann: Wir sind so ein bisschen „Deus ex Machina“. Mit himmlischen Intermezzi versuchen wir einzugreifen. Aber natürlich scheitern unsere Versuche auch immer ein bisschen ...

Bonamore: … denn es ist eine Komödie (lacht)! Das heißt, es ist alles sehr überspitzt – da steckt auch viel Humor drinnen.

Reimann: Wir versuchen einerseits, das hysterische Hetero-Elternpaar in Zaum zu halten und das andere, queere Ehepaar zu besseren Entscheidungen zu beeinflussen. Letztendlich drücken die Eltern unter dem Vorwand, ihre Jungs schützen zu wollen, ihre eigene politische Agenda durch.

Was kann der Zuschauer aus dem Stück mitnehmen?

Reimann: Es ist ein Stück, das für queere Lebensmodelle kämpft, und man kann daraus mitnehmen, dass man der eigenen internalisierten Queer-Feindlichkeit, aber auch allen anderen möglichen Ismen auf den Zahn fühlen kann. Jeder im Publikum kann sich mit den Personen auf der Bühne irgendwie identifizieren. Also: Augen öffnen und sich zum Nachdenken anregen lassen. Eben alles, was gutes Theater eigentlich immer versucht. Und das Stück bietet Eltern die Möglichkeit Selbsterkenntnis an, wie sehr die Kämpfe, die sie kämpfen, wirklich für die Kinder oder eigentlich doch für sich selbst sind.

Szene aus „The Boys Are Kissing“.
Szene aus „The Boys Are Kissing“.(Bild: Volkstheater/© Marcella Ruiz Cruz)

Herr Bonamore, Sie kennt man vorwiegend aus der Tanzszene, nun sieht man Sie auf der Theaterbühne ...

Bonamore: Ja, ich komme ursprünglich aus dem Tanz und arbeite hauptsächlich als Choreograf in Wien in der freien Szene, aber es hat n sich in letzter Zeit ergeben, dass ich in unterschiedlichen Produktionen auch immer wieder Sprechrollen bekommen habe. Ich muss sagen, das macht mir genauso Spaß. In Sachen Sprechtheater ist das aber nun meine bislang größte Bühne. Das ist für mich sehr spannend und eine große Ehre, mit dem Ensemble dabei sein zu dürfen.

Braucht es mehr Stücke wie „The Boys Are Kissing“ für unsere Theaterlandschaft?

Bonamore: Ich glaube, solche Stücke sind enorm wichtig, weil wir uns gerade extrem stark in einer politischen Regression befinden, was Queer-Rechte und Rechte von marginalisierten Personen angeht. Umso wichtiger ist es, dass wir in einem Dialog bleiben. Und diesen Dialog so gestalten, dass man damit unterschiedliche Bubbles erreicht. Je mehr solche Geschichten erzählt werden, desto breiter kann das Thema auch verstanden werden. Und dann gelingt es vielleicht, dass man sich immer mehr von dieser komplett verrückten Vorstellung distanziert, dass Queerness etwas ist, was man verbieten kann und es dann verschwindet.

Reimann: Ja, die Antwort ist ganz klar: mehr in so eine Richtung! Denn dieses Thema ist ein Anliegen von vielen, die momentan gesellschaftlich von Belang sind. Deswegen ist es gut, richtig und wichtig, dass so ein Stück im Volkstheater vertreten ist. Das Stück selbst gibt ja gar keinen Einblick in irgendeine Form der queeren Kultur, sondern beschäftigt sich rein mit einer Debatte, die in der heteronormativen Kultur stattfindet und wie diese darauf reagiert. Das ist das eigentlich Spanende an „The Boys Are Kissing“.

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