„Here For It All“

Mariah Carey: Comeback mit angezogener Handbremse

Musik
28.09.2025 09:00

Sie gehört zu den erfolgreichsten Pop- und R&B-Künstlerinnen der Musikgeschichte. Stimmgewalt Mariah Carey meldet sich nach sieben Jahren Funkstille mit ihrem neuen 16. Studioalbum „Here For It All“ zurück und möchte erneut zeigen, wie außergewöhnlich ihre Stimmfarbe nach all den Jahren noch immer klingt. Wir haben uns einige der neuen Songs genauer angehört. 

kmm

Ihr Markenzeichen ist die legendäre Stimmspanne von fünf Oktaven. Hits wie „Without You“, „Sweetheart“ oder „We Belong Together“ begleiten Generationen – selbst die Jüngsten kennen sie. Mariah Carey, ein Stimmwunder und eine der letzten Diven der Pop- und R&B-Welt, feiert nach sieben Jahren ihr Comeback mit einem neuen Studioalbum. Die Ankündigung von „Here For It All“ wurde schon im Juli von zahlreichen Fans bejubelt und war sofort Thema Nummer eins in den sozialen Medien. Kein Wunder: Mit mehr als 200 Millionen verkauften Tonträgern und 19 Nummer-eins-Hits in den Billboard Hot 100 zählt Carey zu den größten Pop-Ikonen.

Die neue Platte umfasst elf Tracks und soll sie in all ihren Facetten zeigen. Carey gilt neben Céline Dion als eine der letzten Diven ihrer Generation. Inzwischen sind viele Stimmen nachgekommen – manche genauso stark, manche vielleicht stärker. Aber eine Mariah Carey bleibt eine Mariah Carey, oder nicht?

Diva bleibt Diva und braucht sich nicht mehr zu beweisen, oder doch?
Diva bleibt Diva und braucht sich nicht mehr zu beweisen, oder doch?(Bild: Ethan James Green)

Zurückhaltender Auftakt
Das Cover zeigt sie in Schwarz-Weiß, dazu die typische Carey-Pose – ein wenig „Glitter“-Vibes inklusive. Musikalisch beginnt das Album mit „Mi“: ein langsamer, R&B-lastiger Song, sanft gesungen, fast nur in einer Tonlage. Ein zurückhaltender Einstieg, der so wirkt, als wäre es ein leises „Hi, ich bin zurück“.

Mit „Play This Song“ folgt das erste Feature – gemeinsam mit Sänger Anderson .Paak. Seine rauchige Stimme ergänzt Careys träumerische Vocals perfekt. Das dazugehörige Video zeigt jedoch nur Carey im Fotoshooting, und die Lyrics werden eingeblendet. Ob das nun Kunst oder reine Selbstinszenierung ist, bleibt offen. Warum kein klassisches Musikvideo gedreht wurde? Vielleicht, weil Carey ihre Diva-Rolle mittlerweile so verinnerlicht hat, dass niemand außer „the Queen herself“ ins Bild darf? Oder eben weil die Gerüchteküche brodelt, dass Anderson ihr neuer sei? Who knows. 

Neue Konkurrenz und Cover mit Schattenseiten
Die Vorabsingles „Type Dangerous“ und „Sugar Sweet“ bringen etwas mehr Tempo. „Type Dangerous“ lebt vom Bass und schnellen Strophen, klingt aber wenig gefährlich. „Sugar Sweet“ holt Kehlani und Shenseea ins Boot und ganz plötzlich hat Carey echte Konkurrenz. Beide haben Power, Wiedererkennungswert und sind längst die modernen R&B-Diven. Kehlani glänzt hier besonders, fast so sehr, dass Carey hingegen verblasst. Der Song ist süß, das Lyricvideo dazu ebenso.
Beim nächsten Track fällt aber auf: Careys Stimme klingt eingerostet. Wo ist die Mariah, die früher jeden Ton getroffen hat? Auch hier bleibt sie in einer Tonlage, nur sanft angehaucht. Höhepunkte? Fehlanzeige. Ein kurzes „uhhhh“ und „ahhh“ am Ende, ein angedeuteter hoher Ton, den sie nach drei Sekunden wieder abbricht. 

Mit „My Love“ wagt sich Carey an Paul McCartneys Ballade von 1973. Doch wo McCartneys Original voller Wärme und Intensität war, klingt ihre Version erstaunlich zurückhaltend. Statt große Emotionen zu transportieren, überlässt Carey dem Chor weite Teile des Refrains. Früher waren ihre Songs beim Karaoke nur von Profis singbar – jetzt könnte sie fast jeder performen. Schade, wenn man bedenkt, wie viele Oktaven ihr eigentlich zur Verfügung stehen. Denkt man an „Endless Love“ mit Luther Vandross zurück, diese Gänsehaut-Momente – und jetzt klingt vieles, als hätte sie es ohne Mühe einfach so runter gesungen. „Ich bin Mariah Carey, mehr braucht’s nicht.“

Spät aber doch
„I Won’t Allow It“ erinnert an Dua Lipa, besonders an „Levitating“. Man hat das Gefühl, dass die Sängerin sich hier an diesem Sound versucht, doch wirklich neu ist daran nichts. Ein kurzer Cut bei Minute 1:58, dann ein paar Höhen – aber alles bleibt harmlos. Als würde sie bewusst auf Sparflamme singen, um ihre Power ja nicht zu verbrauchen. Oder ist die Power schon verbraucht?
Der Titeltrack „Here For It All“ macht dann klar, warum die 56-Jährige eine Legende ist. Ein leiser Beginn mit Piano, sanfter Gesang – und dann, bei Minute 2:03, der große Mariah-Moment. Endlich wieder der Ton, der sie berühmt gemacht hat. Schade nur, dass es so lange dauert, bis der Ton kommt. Der Song zieht sich über sechs Minuten, wechselt ab der vierten Minute fast in einen zweiten Track, der an „We Belong Together“ erinnert. Und dann: ein episches Ende mit all den Tönen, die man sich von ihr wünscht. Hier ist sie also wieder, die echte und wahrhaftige Mariah Carey.

Fazit: Sie klingt gereift – und müde zugleich. „Here For It All“ wirkt, als müsse sie sich nichts mehr beweisen und mal wieder ein Album liefern, einfach nur um allen zu zeigen, dass sie es noch kann. Diva bleibt Diva, doch wer die große Mariah von früher erwartet, wird hier bitter enttäuscht. Wirklich glänzen kann nur der letzte Song.

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