Verschwörungserzählungen und radikale Systemkritik – der Chef der Heron-Gruppe gibt umstrittenen Rednern immer wieder eine Bühne. Zuletzt war der deutsche Volkswirt Markus Krall zu Gast.
Christian Beer hat sich als Gründer und Chef der Heron-Gruppe in der Vorarlberger Wirtschaft einen Namen gemacht – der Öffentlichkeit wurde er vor allem durch wiederholte kritische bis ablehnende Stellungnahmen gegenüber Pandemie-Maßnahmen und politischer Steuerung bekannt. Corona war für ihn Anlass, die Veranstaltungsreihe „Perspektiven“ in der Heron Innovations Factory in Dornbirn ins Leben zu rufen. Sie versteht sich laut Beer als Forum für freie Meinungsäußerung und für einen Perspektivenwechsel. Kritiker erkennen dabei jedoch eine bewusste Auswahl kontroverser Akteure, die wissenschaftliche, politische und gesellschaftliche Narrative in Zweifel ziehen und Nähe zu Verschwörungs- oder Extremismusthemenaufbauen. Bereits frühere Abende zeigten das Profil: So war Kayvan Soufi-Siavash („Ken Jebsen“) zu Gast, eine umstrittene Figur aus der Querdenkerbewegung. Skepsis herrscht nicht wegen der Äußerung grundsätzlich abweichender Meinungen, sondern eher gegenüber dem Umstand, Personen eine Bühne zu geben, die Verschwörungstheorien, Weltuntergangsszenarien und populistische Rhetorik verbreiten.
Wer ist Markus Krall?
Markus Krall ist ein deutscher Volkswirt, Buchautor und Unternehmensberater mit dem Ruf als „Crash-Prophet“. Er war Geschäftsführer eines großen Goldhandelsunternehmens und macht unter anderem mit Finanz-Untergangsszenarien, Kritik an der Europäischen Zentralbank und scharfer Ablehnung staatlicher Institutionen auf sich aufmerksam. Recherchen von ARD, NDR und WDR, zuletzt dokumentiert in einem Investigativ-Beitrag, weisen darauf hin, dass Krall enge Kontakte zu ehemaligen Anhängern der Reichsbürgerbewegung unterhält. Nach Ermittlungen deutscher Behörden gab es demnach auch eine Hausdurchsuchung im Umfeld von Krall in Zusammenhang mit der mutmaßlichen rechtsterroristischen Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Krall soll von den Reichsbürgern sogar als möglicher Finanzminister eines Schattenkabinett-Projekts gehandelt worden sein. Krall selbst bestreitet eine aktive Beteiligung an Umsturzplänen und gibt vor Gericht an, sich nicht erinnern zu können.
Kralls Botschaft ist recht eindeutig: Er sieht sich und sein Publikum als Teil eines „Aufwachprozesses“. Staatliche Institutionen, etablierte Medien und globale Organisationen stünden einer neuen Weltordnung im Weg, die angeblich Freiheit und individuelle Selbstbestimmung bringen würde. Wirtschaftskrisen, Klimapolitik, Pandemiemaßnahmen und globale Handelskonflikte interpretiert er als Elemente eines Systems, das darauf abzielt, Macht zu zentralisieren und die Bürger zu kontrollieren.
Dabei greift Krall auf eine vertraute Rhetorik zurück: Er malt apokalyptische Szenarien, warnt vor dem Verlust individueller Freiheiten und kritisiert staatliches Handeln als zwangsläufige Unterdrückung. Er präsentiert komplexe Zusammenhänge als einfache Ursache-Wirkungs-Netzwerke: Hinter jeder Krise stehe eine Eliten-Steuerung, und wer anders denkt, sei Teil eines Lügensystems. Er vermeidet wissenschaftliche Details, polarisiert, schürt Ängste und Misstrauen. Wer zuhört, wird eingeladen, sich als „Aufgewachter“ zu begreifen, der dem Mainstream misstraut – und sich einer vermeintlich alternativen Wahrheit zuwendet.
Ein kritischer Blick schadet nie
Unterschiedliche Meinungen – was spricht dagegen? In einer Demokratie ist das sogar notwendig. Bei Veranstaltungen wie jener in Dornbirn stellt sich aber die Frage: Wird hier wirklich ein offener Diskurs angestrebt oder vor allem die Mobilisierung eines Publikums, dem einfache Lösungen und starke Gegnerbilder serviert werden? Die mutmaßliche Verbindung von Markus Krall zur Reichsbürgerbewegung legt den Schluss nahe, dass es bei seinen Thesen nicht immer nur um bloße Kritik an Staat und Institutionen geht.
Vielmehr scheinen diese eingebettet in ein Weltbild, das autoritäre und antidemokratische Ziele verfolgt. Wer einen wirklich konstruktiven Austausch will, tut gut daran, wie immer genau hinzuschauen: Welche Fakten fehlen in der Erzählung? Welche Schlussfolgerungen sind nur spekulativ? Und wer könnte von einem solchen „Aufwachruf“ eigentlich profitieren?
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.