Hass aus Moskau
Kreml startet eigenen ESC „ohne perverse Freaks“
Russland will zurück auf die internationale Bühne und versucht das am kommenden Samstag ganz wörtlich: Mit dem Intervision Song Contest in Moskau soll eine Konkurrenz zum Eurovision Song Contest (ESC) etabliert werden. „Bärtige Männer in Frauenkleider“ und andere „Perversionen“ werde es aber nicht geben.
Der Wettbewerb ist ein Auftrag von ganz oben, angeordnet von Kremlchef Wladimir Putin persönlich per Dekret. Die Idee ist jedoch nicht neu: ein sowjetisches Pendant zum ESC gab es bereits während des Kalten Krieges.
Nun sollen mehr als 20 Acts in einer Moskauer Konzerthalle auftreten. Anders als beim westlichen Vorbild ist keine Publikumsabstimmung vorgesehen, über den Gewinner entscheidet ausschließlich eine Jury. Die offizielle Legitimation der Teilnehmer für ihre jeweiligen Länder bleibt oft unklar.
US-Sänger nimmt teil
So kündigte der Veranstalter einen Auftritt des US-Sängers B Howard an, der vor allem durch Gerüchte, er sei ein Sohn von Michael Jackson, Bekanntheit erlangte. Außenminister Sergej Lawrow stellte jedoch klar, dass die USA weder in der Jury vertreten sein noch eine Delegation schicken würden.
Die offizielle Promo zum Intervision Song Contest:
Laut US-Administration handle es sich um eine rein private Teilnahme. Das einzige Land, das sowohl beim ESC als auch in Moskau antritt, ist Serbien. Weitere Teilnehmer kommen aus Russlands engsten Verbündeten wie Belarus und China, aber auch aus Indien, Südafrika, Ägypten und Kuba.
Für Russland selbst geht der ultranationalistische Sänger Jaroslaw Dronow, alias Shaman, ins Rennen. Bekannt wurde er durch sein nationalistisches Lied „Ja Russki“ (Ich bin Russe), das kurz nach Kriegsbeginn erschien. Er gilt als glühender Befürworter der Invasion, bekennender Putin-Anhänger und ist ein Stammgast bei staatlich organisierten Konzerten, etwa zum Jahrestag der Krim-Annexion. Folgerichtig steht er auf der EU-Sanktionsliste.
Der Rauswurf aus dem auch in Russland lange sehr populären ESC hat Spuren hinterlassen. 2008 hatte Dima Bilan den Sieg für Russland geholt und den Wettbewerb im Folgejahr nach Moskau gebracht. Nun soll Intervision die Lücke füllen, mit dem Ex-ESC-Gewinner als offiziellem Botschafter.
Wird keine „Perversionen“ geben
Außenminister Lawrow versprach eine Veranstaltung, bei der alle Länder „ohne jede Zensur“ ihre musikalischen Traditionen vorstellen könnten. „Ich garantiere, dass es dort keine Perversionen und Verhöhnungen der menschlichen Natur geben wird“, so Lawrow. Man wolle einen Gegenpol zur westlichen Kultur schaffen, der auf „traditionellen, kulturellen, religiösen und spirituellen Werten“ basiere.
Obwohl der unpolitische Charakter betont wurde, sprach die Besetzung bei der Pressekonferenz eine andere Sprache. Sergej Kirijenko, Vizechef der Präsidialverwaltung, rechnete vor, dass die Teilnehmerländer 4,3 Milliarden Menschen repräsentieren – über die Hälfte der Weltbevölkerung. TV-Direktor Konstantin Ernst brachte das Stichwort „Multipolarität“ ins Spiel und unterstrich damit das Ziel, eine Weltordnung abseits der US-Dominanz zu fördern.
Lawrow stichelt gegen Conchita Wurst
Die ideologische Abgrenzung zum ESC ist unübersehbar. Der Eurovision Song Contest ist bekannt für seine Vielfalt und queere Künstler wie den non-binären Schweizer Gewinner Nemo (2024) oder Österreichs Conchita Wurst (2014). In Russland hingegen sind die Rechte sexueller Minderheiten massiv eingeschränkt, die öffentliche Darstellung von Homosexualität ist verboten.
„Wir bestreiten nicht das Recht der Jury und der Zuseher beim ESC, für einen bärtigen Mann im Frauenkleid zu stimmen“, stichelte Lawrow, machte aber klar, dass Derartiges in Russland unerwünscht sei. Die belarussische Teilnehmerin Nastja Krawtschenko pflichtete bei, sie sei sicher, die Veranstalter würden keine „Freakshow“ zulassen, und Männer in hohen Schuhen werde es ganz sicher nicht geben.
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