Oberster Zöllner:

„Wir haben gehofft, dass ihr nicht zur EU geht“

Salzburg
31.08.2025 06:00

Seit dem Abriss des markanten Grenzgebäudes am Walserberg in Salzburg hat sich dort viel getan. Die einst abgeschafften Kontrollen sind aber längst wieder zurück – und mit ihnen der Stau. Albin Kühnel (88), früher oberster Zöllner am Grenzübergang, blickt auf sein Leben am Walserberg zurück.

Kindheitserinnerungen werden bei vielen Salzburgern noch heute wach, wenn sie den Walserberg passieren. Egal, ob am kleinen Übergang oder am großen mit dem bekannten Brückengebäude über die Autobahn. Beide lassen an günstiges Einkaufen im benachbarten Bayern, Lotto-Spielen und eine gewisse Art von neuer Welt zurückblicken. Am Weg über die Grenze stand man schon damals im Stau.

Die deutschen Zöllner wollten stets genau wissen, was eingeführt wurde. Vor allem aber von ihren Landsleuten, die gern nach Salzburg zum Trachten kaufen fuhren. „Ganz Reichenhall hat unverzollte Dirndl vom Lanz getragen“, sagt Albin Kühnel. Er muss es wissen, er war jahrelang oberster Zöllner am Walserberg. Neben der Tracht war es kurioserweise Butter, die die Bayern am liebsten in Salzburg eingekauft haben.

Der pensionierte Zöllner Albin Kühnel war jahrelang Chefkontrollor am Walserberg. Er hat ...
Der pensionierte Zöllner Albin Kühnel war jahrelang Chefkontrollor am Walserberg. Er hat Zoll-Geschichten und seine Erinnerungen zu Papier gebracht.(Bild: Markus Tschepp)

Schmuggelware: Kaffee, Schnaps und Zigaretten
Kühnel ist heute 88 Jahre alt und sitzt zufrieden in seiner Wohnung in Bad Reichenhall. Von 1986 bis zur Pensionierung im Jahr 2000 schaute er am Walserberg nach dem Rechten. Rund 250 Zöllner, davon 100 Österreicher, teilten sich das Autobahngebäude.

Je zwei Fahrstreifen für den Pkw-Verkehr mussten die Zöllner im Auge haben. Jeden Freitag und in den Ferien machte ihnen, noch weit vor Schengen, der Gastarbeiterverkehr Arbeit. Reisebusse und Wochenend-Pendler nahmen Deutsche und Österreicher auch damals genau unter die Lupe. Kaffee, Schnaps und Zigaretten waren seit jeher beliebte Schmuggelware.

Der Stau ist zurück: Die Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland sind mittlerweile wieder ...
Der Stau ist zurück: Die Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland sind mittlerweile wieder Standard.(Bild: Markus Tschepp)

In Kühnels Ära ging es nicht mehr so wild zu. 1950 wurde auf Kaffee-Schmuggler noch geschossen, ein Großgmainer von Beamten gar getötet. Jahrzehnte später waren Kontrolle der Steuer und der Waren-Einfuhr per Lkw das Hauptgeschäft der Zöllner. Die Zusammenarbeit änderte sich 1995 schlagartig. Österreichs Beitritt zur Europäischen Union stand bevor. „Wir hatten ja lange gehofft, dass es nie so weit kommt und ihr zur EU dazu geht“, sagt Kühnel schmunzelnd. Wohl wissend, dass dies viele Vorteile für Bayern und Salzburg brachte.

Stau an der Grenze war weg und kam wieder
In den 1990er Jahren bereits in hoher Position beim Zoll hatte der Beamte damals große Sorge um seine Mitarbeiter. 500 Zollbeamte waren zwischen Sonntagshorn und Burghausen dereinst im Dienst. Mit dem EU-Beitritt Österreichs im Jahr 1995 wurden die Kontrollen nach und nach weniger. Im April 1998 fielen sie ganz weg. Zig Zoll-Dienststellen wurden gestrichen. Flüchtlingskrise, Pandemie und zuletzt die Kontrollen der deutschen Regierung brachten die Vergangenheit aber wieder zurück. Der Walserberg ist und war stets der stärkstfrequentierte, größte Übergang. „Ich hab ihn ja privat immer gemieden“, sagt der pensionierte Zollchef Kühnel. „Am Kleinen oder in Bayrisch Gmain, geht es heute noch schneller.“

Wenn Sie glauben, früher oder heute war etwas besser: salzburg@kronenzeitung.at

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