Der Bedarf an privater Nachhilfe ist weiter hoch, doch auch die Kosten dafür sind enorm gestiegen. Nicht zuletzt durch die Teuerung müssen Eltern im heurigen Schuljahr im Schnitt 800 Euro bezahlen, wenn der Nachwuchs in der Schule schwächelt und Unterstützung braucht.
31 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben laut dem am Freitag präsentierten Nachhilfebarometer der Arbeiterkammer (AK) 2025 Nachhilfe gebraucht, 18 Prozent haben auf bezahlte Angebote zurückgegriffen. Zu diesen 318.000 Schülern kommen noch 45.000 dazu, die Nachhilfe gebraucht hätten, sie sich aber nicht leisten konnten.
AHS-Oberstufe mit dem höchsten Bedarf
Am höchsten ist die Nachhilfequote dabei an den AHS-Oberstufen, wo laut der Ifes-Studie unter Eltern von knapp 5000 Schülern fast die Hälfte Unterstützung braucht. Aber auch bei den Volksschulen lag der Anteil zuletzt schon bei 22 Prozent. Im Vergleich zu früheren Jahren sind die Zahlen deutlich gestiegen, betonte AK-Bildungsexpertin Elke Larcher.
Vor 15 Jahren brauchten über alle Altersgruppen hinweg noch 20 Prozent Nachhilfe – seien es kostenpflichtige Kurse bei Instituten oder Studierenden, Unterstützung von Personen außerhalb der Familie oder Gratis-Angebote von NGOs. Für gut ein Zehntel der Schüler stand übrigens auch in den Sommerferien Nachhilfe am Programm, die Eltern kostete das laut Befragung im Schnitt 450 Euro.
300 Euro mehr für Nachhilfe als vor fünf Jahren
Nachhilfe wird dabei laut Larcher nicht nur genommen, um eine Nachprüfung zu verhindern, Noten zu verbessern oder in der weiterführenden Wunschschule aufgenommen zu werden. Ein Drittel der Eltern gab an, dass der im Unterricht durchgenommene Stoff nicht ausreichend verstanden wurde. Zwei Drittel der Nachhilfe entfallen dabei auf das Fach Mathematik.
Die mittleren Ausgaben der Familien für Nachhilfeangebote sind im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um 50 Euro gestiegen, im Vergleich zum Jahr 2020 sogar um fast 300 Euro. Mehr als die Hälfte der Befragten sprach in der AK-Erhebung heuer von einer spürbaren bis sehr starken finanziellen Belastung.
Viertel der Eltern muss täglich mit Kindern üben
Neben den Ausgaben für Nachhilfe müssen Eltern in Österreich laut der Befragung auch vergleichsweise viel Zeit in die Schulkarriere ihrer Kinder investieren: 79 Prozent der Schülerinnen und Schüler brauchen zumindest hin und wieder Hilfe der Eltern beim Aufgabenmachen, Lernen und Üben. Knapp ein Viertel braucht täglich Unterstützung. Drei Viertel der betreffenden Eltern gaben an, dadurch zeitlich unter Druck zu stehen.
„Wenn Eltern den Schulerfolg ihrer Kinder mit viel Geld oder Stress erkaufen müssen, dann läuft etwas grundsätzlich falsch“, kommentierte die Bereichsleiterin Bildung der AK Wien, Ilkim Erdost, die aktuellen Daten. Zahlen aus Zeitverwendungsstudien aus Ländern wie Finnland, Norwegen oder den Niederlanden würden belegen, dass es auch anders geht.
Sie forderte als Gegenmaßnahme dringend Investitionen in mehr ganztägige Schulangebote und mehr Mittel für besonders geforderte Standorte über den Chancenbonus, „damit die Bildung in den Schulen stattfinden kann und damit auch die Eltern, Schülerinnen und Schüler entlastet werden“.
Forderung nach Reform des Mathe-Unterrichts
Expertin Larcher plädierte außerdem für eine Debatte über eine Reform des Nachhilfefachs Nummer eins, Mathematik. Man müsse sich die Lehrpläne und Unterrichtsmethoden so reformieren, dass das Fach praxisnah und anwendungsorientiert wird und die Schüler weniger Angst davor haben.
Mit Blick auf das neue Schuljahr, das am Montag in Ostösterreich und eine Woche später auch in den übrigen Bundesländern wieder losgeht, fordert die AK auch eine Entlastung bei den Schulkosten. Die Schulen sollten ein Budget bekommen, damit sie unbürokratisch Schulmaterialien für die Kinder und Jugendlichen besorgen können, so Erdost.
Grüne und SPÖ wollen Chancengerechtigkeit
Die Grünen sehen in der Studie ein „Alarmsignal“. Der Bildungserfolg dürfe nicht vom „Geldbörsel der Eltern“ abhängen, kritisierte Bildungssprecherin und stellvertretende Grünen-Klubobfrau, Sigrid Maurer. SPÖ-Bildungssprecher Heinrich Himmer nahm die Studie zum Anlass, neuerlich den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen zu fordern. Diese würden „echte Chancengerechtigkeit“ schaffen, so Himmer.
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