Fahrradkuriere prägen längst das Bild vieler Städte in Österreich, und stellen nachhaltig, umweltfreundlich und effizient Essen, aber auch Medizin und Einkäufe zu. Die „Radkrone“ hat sich als Bote versucht.
Bei Wind, Regen oder sengender Sonne: Unzählige Fahrradboten kurven alleine täglich durch die steirische Landeshauptstadt, um hungrige Grazer in Rekordzeit satt zu machen.
Das lokale Unternehmen Velofood liefert seit neun Jahren, arbeitet mit 140 Partnerbetrieben zusammen und betreibt sogar ein eigenes Restaurant. Im Schnitt dauert es zwölf Minuten, bis Pizza, Sushi oder Burger beim Kunden ankommen.
Die „Radkrone“ hat ein paar Stunden selbst mit großem, grünem Rucksack am Rücken in die Pedale getreten – mit gemischten Erfolg. Denn ohne die Hilfe von José Dardón, Funkname Happy, wäre so mancher Grazer an diesem Tag hungrig ins Bett gegangen.
„Ortskenntnis ist das A und O“, lacht der 31-jährige Maschinenbau-Student aus Guatemala. „Natürlich nutzen wir manchmal Apps, wie Google Maps, aber die wirklich guten Routen und Abkürzungen kennt man nur, wenn man selbst viel gefahren ist und erkundet hat.“
Das Prinzip der Essensbestellung und Lieferung ist dabei einfach: Der Kunde ordert direkt über Velofood, das gewählte Restaurant kocht die gewünschte Speise, der Bote holt ab.
Ab dem Moment der Abholung tickt die Uhr. „Je schneller geliefert wird, desto schneller erhält man die nächste Bestellung, umso mehr verdienen die Boten“, erklärt Josh Follak von Velofood stolz.
1000 Bestellungen wickelt sein Team täglich ab. Die Fahrer erhalten ihre Aufträge per Funk und App für kurze, klare Kommunikation im Straßenverkehr.
Von früh morgens bis spät abends sind die Radboten im Einsatz. „Wir setzen auf Fairplay“, sagt Josh, also auf „faire Bezahlung. Dafür haben wir aber kein riesiges Management, wie viel Konzerne, denn unserer Meinung nach gehört das Geld zu den Fahrern.“
Stolz ist man bei Velofood auch, dass, wie der Firmenname verrät, nur Fahrräder zum Einsatz kommen.
Steirisches Paradies für Radfahrer
„Graz ist übrigens eine großartige Stadt zum Fahrradfahren“, schwärmt Happy, während wir zum nächsten Lieferort in den Stadtteil Mariagrün radeln. Immer mehr Radwege, bessere Beschilderung und durchgehende Routen quer durch die Stadt entstehen. Die Bedingungen für Radfahrer werden Jahr für Jahr besser.
„Das macht unseren Job nicht nur einfacher, sondern auch sicherer“, sagt Josh.
Wohl auch, weil sich die Radboten an strenge Regeln und die StVO halten müssen – Gehwegfahren ist ein Taubu. Kniffliger sind hingegen die Straßenbahnschienen in der Innenstadt: „Da fährt jeder einmal rein oder bleibt hängen“, lacht Happy.
Die gesamte Velofood-Crew besteht übrigens aus 200 Radfahrern und ist so vielfältig, wie das Essensangebot: Studierende, sportliche Pensionisten, Berufstätige im Nebenjob.
Und fast alle setzen auf einfache, klassische Fahrräder. Josh: „Die sind wartungsärmer, günstiger und es geht weniger kaputt.“ Viel wichtiger als ein E-Bike sind Licht, gute Bremsen, Klingel. Und wie sieht’s mit dem Gepäckträger aus? Happy: „Der ist schlecht fürs Essen – da wird jede Erschütterung direkt in die Gepäckträgerbox übertragen.“
Nach wenigen Stunden im Sattel ist mir klar: Fahrradboten sind keine bloßen Kuriere. Sie sind wetterfeste Stadtkenner, Logistiker, – und manchmal Lebensretter für knurrende Mägen. Und jeder Bote erhält seinen eigenen Funk-Rufnamen. Meiner? Nach wenigen, etwas orientierungslosen Runden vermutlich „Verfahrer“.
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