Beamter angeklagt

Falsche Strafen, um Loch in Polizeikasse zu füllen

Burgenland
10.07.2025 06:00

Amtsmissbrauch wird einem Exekutivbeamten vorgeworfen, der in Folge suspendiert wurde. Im „Krone“-Gespräch erklärt der Angeklagte, dass er sich an den manipulierten Strafzetteln nicht habe bereichern wollen.

Sichtlich geknickt und emotional aufgewühlt sitzt der vom Dienst suspendierte Beamte an dem Ecktisch in der Küche seines Hauses im Burgenland. Der 57-jährige Familienvater sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert – er steht wegen Amtsmissbrauch vor Gericht.

Bußgeld abgezweigt?
Laut Staatsanwaltschaft soll der „Herr Inspektor“, der zuletzt auf einer Polizeiinspektion im Bezirk Wiener Neustadt (Niederösterreich) tätig war, zwischen August 2020 und April 2023 einen Teil des Bußgeldes abgezweigt haben, das vorwiegend von Autofahrern kassiert wurde, die viel zu schnell unterwegs waren. Der Anklageschrift zufolge soll der verursachte Schaden 14.720 Euro betragen.

Als der Fall öffentlich wurde, war in Medien sogar von 100.000 Euro die Rede, die der Beschuldigte eingestreift haben soll. „Da wurden eigenmächtig dubiose Rechnungen angestellt, die mit der Realität nichts zu tun hatten. Außerdem habe ich das Bußgeld nicht behalten oder abgezweigt, tatsächlich habe ich aus meiner eigenen Tasche noch draufgezahlt, damit alles seine Ordnung hat“, sagt der Betroffene. Er vermutet, dass „mindestens 6000 Euro“ aus seinem Privathaushalt auf dem Polizeikonto gelandet seien.

Wirbel um angeblich abgezweigtes Bußgeld von Rasern.
Wirbel um angeblich abgezweigtes Bußgeld von Rasern.(Bild: Seebacher Doris)

Beamter gesteht Fehler ein: „Aber ohne Eigennutz“
„Ich war Polizist mit Leib und Seele, zu 100 Prozent.“ So beschreibt sich der Beamte selbst. Dass er Organstrafverfügungen manipuliert habe, gibt der 57-Jährige freimütig zu. Doch das Motiv, von dem die Staatsanwaltschaft ausgeht, sei nicht der Auslöser für den Amtsmissbrauch gewesen.

Tatsächlich seien ihm bei Amtshandlungen Fehler passiert, die ihm ernste Sorgen bereitet hätten: „Ich habe bei der Ausstellung von Organstrafverfügungen unter anderem vergessen, an Ort und Stelle den eingehobenen Betrag auf dem Beleg einzutragen. Das ist mir erst viel später aufgefallen, da konnte ich mich an die Höhe der Summe oft nicht mehr genau erinnern.“

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Ich war nicht in Finanznot, wie allgemein behauptet wird. Wofür hätte ich das fremde Geld brauchen sollen? Wir waren 18 Jahre lang nicht einmal auf Urlaub, sondern lieber daheim.

Der Exekutivbeamte

Kennzeichen aus anderen Amtshandlungen verwendet
Im Gespräch mit der „Krone“ gibt der Polizist weiters an, öfters vergessen zu haben, die verhängten Geldbußen von den Rasern sofort zu kassieren, obwohl die Organstrafverfügungen ausgestellt waren. Auf falsche Strafzettel habe er nur zurückgegriffen, um kein Minus in der behördlichen Abrechnung zu haben und das Loch in der Polizeikasse zu füllen. Bei den manipulierten Belegen habe er daher ebenso Kennzeichen aus anderen Amtshandlungen verwendet. „Amtsmissbrauch, um mich zu bereichern, war jedoch nie der Vorsatz. Ich wollte nur, dass am Ende nichts fehlt“, betont der Beschuldigte.

485 Fälle liegen dem Landesgericht Wiener Neustadt zur Überprüfung vor. „Allein 400 Fälle davon sind ohne Beleg. Diese Fälle werden mir aber zugerechnet, obwohl das völlig unklar erscheint“, merkt der Angeklagte gegenüber der „Krone“ an. Laut Staatsanwältin wurde aber nur rund ein Drittel der Fälle überhaupt angeklagt, weil die aufwendigen Ermittlungen sonst noch länger gedauert hätten, wie nach dem ersten Prozesstag im April bekannt wurde.

„Probleme wegen Kopfverletzung“
Viele seiner Probleme im Beruf wie Vergesslichkeit wegen Stress führt der Mann auf eine Kopfverletzung nach einem schweren Sturz vor seinem Wohnhaus im Winter 2019 zurück. Der Gutachter attestierte unter anderem ein Überforderungssyndrom. 

Was die Justiz von den Ausführungen des Angeklagten hält, entscheidet sich in der Schöffenverhandlung. Nach bereits mehreren Prozesstagen sollen am Donnerstag weitere Zeugen einvernommen werden.

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