Das neue Leitspital im Bezirk Liezen ist politisch begraben, seit Kurzem liegt der Plan B vor. Ziel: Erhalt aller drei bestehender Krankenhausstandorte. Drei Experten haben den Plan am Donnerstag aber scharf kritisiert. Ex-Rektor Hellmut Samonigg zeigt ihm die „rote Karte“, Gesundheitsökonom Ernest Pichelbauer spricht gar von „Gesundheitsgefährdung“.
Auf der grünen Wiese in Stainach-Pürgg hätte ein neues, modernes Klinikum errichtet werden sollen – als Ersatz für die drei Spitalsstandorte Rottenmann, Schladming und Bad Aussee. Nach viel lokalem Widerstand und einem Landtagswahlsieg der FPÖ wurden die Neubaupläne aber auf Eis gelegt. Eine Expertenkommission sollte erarbeiten, wie ein „Netzwerk“ der bestehenden Krankenhäuser die Versorgung sichern kann.
Das Papier liegt seit Mitte Juni vor – noch ohne Fragen wie Personalbedarf oder Finanzierung zu klären. Kein gutes Haar am Konzept lassen am Donnerstag drei Experten bei einer Pressekonferenz. An der Spitze: Hellmut Samonigg, Ex-Rektor der Med Uni Graz. Er betont: „Es gibt auch positive Aspekte. Aber die Experten haben versucht, die Vorgaben der Politik zu erfüllen – ein vernünftiges Konzept war damit schlichtweg nicht möglich.“
Das Spitalsnetz besteht aus Knoten, die nicht wirklich miteinander verbunden sein. Es ist ein politisch motivierter Fleckerlteppich.
Nikolaus Koller
Ausbau von Rottenmann kaum möglich
Immerhin komme die Kommission „zum klaren Ergebnis, dass die Aufwertung des LKH Rottenmann zum Leitspital nicht sinnvoll ist“. Die Lage am Rande des Bezirks spricht ebenso dagegen wie der desaströse bauliche Zustand des Gebäudes. „Eine Sanierung unter laufendem Betrieb würde mindestens bis 2040 dauern und wäre für Patienten und Mitarbeiter eine Katastrophe“, sagt Nikolaus Koller, 30 Jahre lang Betriebsdirektor am LKH Bruck.
Das Spital in Rottenmann bleibt daher in der Empfehlung der Kommission in etwa gleich groß wie bisher. „Aus dem Boden gestampft“ wird dort aber eine Orthopädie-Unfallchirurgie-Abteilung, dafür wird jene in Schladming „amputiert“, so Samonigg.
Rottenmann: Das Krankenhaus soll 149 Betten umfassen, davon 25 Betten für eine Abteilung für Orthopädie und Traumatologie und 15 Betten für Remobilisation und Nachsorge. Hinzu kommen eine ambulante Versorgungseinheit für Kinder und Jugendliche, vier Hospizbetten und ein sogenannter ambulanter Eingriffsraum. Beibehalten werden die „Innere“ mit 64 Betten, die Chirurgie, die Gynäkologie, die Intensivstation, eine Palliativstation sowie die Dialyse.
Schladming: Das Diakonissenkrankenhaus soll 52 Betten (bisher circa 100) umfassen. Neu errichtet werden ein Hebammenzentrum, weil die Geburtenstation mit ihren sechs Betten aufgelassen wird. Die Abteilung für Innere Medizin mit 29 Betten bleibt unangetastet, die Orthopädie und Traumastation mit 18 Betten soll stärker mit dem LKH Rottenmann kooperieren. Verlagert werden die sechs allgemein- und viszeralchirurgischen Betten nach Rottenmann.
Bad Aussee: Die chirurgische Abteilung wird endgültig aufgelassen, diese war zuletzt schon stark eingeschränkt. Auch die Innere Medizin wird nicht mehr fortgeführt. Der Standort soll künftig hauptsächlich der Versorgung hochbetagter Patienten dienen. 24 Betten sind vorgesehen.
Drastischer drückt es Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer aus. „Die Orthopädie/Traumatologie in Schladming ist derzeit die einzig halbwegs funktionierende Abteilung.“ Grund: Die Auslastung im Winter sei aufgrund der vielen Skiunfälle gegeben. Und genau diese wird zerschlagen. „Alle anderen Abteilungen werden auf Dauer keinen Nachwuchs finden.“ Sprich: Der Ärztemangel wird sich weiter verschärfen.
Kopfschütteln über Plan für Bad Aussee
Am größten ist der Widerstand in Bad Aussee. Hier soll es künftig nur noch eine Akutgeriatrie geben. Samonigg: „Ein älterer Mensch hat aber in der Regel mehrere Erkrankungen und muss auch kardiologisch, neurologisch oder urologisch betreut werden. Diese begleitenden Abteilungen fehlen. Das ist meiner Meinung nach für Patienten gefährlich.“
Generell würde von elf geplanten Einrichtungen an den drei Standorten nur eine die im ÖSG (Österreichischer Strukturplan Gesundheit) empfohlene Größe erreichen. Vielfach werden diese Kennzahlen massiv unterschritten. „Das ist eine rote Karte für den Plan B“, sagt Samonigg. Pichlbauer spricht gar von „Gesundheitsgefährdung“.
Kooperation mit Nachbar-Bundesländern geplant
Vorgesehen ist, dass dank Kooperationen mit den angrenzenden Bundesländern Salzburg und Oberösterreich steirische Patienten auch in Schwarzach und Bad Ischl behandelt werden. Grundsätzlich ist das ein guter Ansatz, finden die Experten. „Aber wenn es dort Personalmangel oder die Notwendigkeit von Schließungen gibt, sind wir davon abhängig“, sagt Samonigg. Bei Engpässen würden die Einheimischen wohl gegen die Aufnahme von Steirern protestieren.
Die Experten fordern eindringlich, den Plan B mit dem ursprünglichen Plan A – also dem Klinikum in Stainach – zu vergleichen. Dann soll es rasch eine Entscheidung geben, „um nicht wieder zehn Jahre zu verlieren“.
FPÖ-Mitarbeiter stellte Fragen
Umgehend Kritik an der Pressekonferenz kam von der FPÖ. „Manchen Akteuren geht es nicht um die Gesundheitsversorgung der Menschen im Bezirk Liezen, sondern einzig und allein darum, Stimmungsmache gegen die FPÖ in der Landesregierung zu betreiben“, sagt Klubobmann Marco Triller. „Die Kommission sinngemäß als politische Erfüllungsgehilfen abzustempeln, ist ein massiver Schlag ins Gesicht der Fachleute.“
Irritierend war allerdings der Auftritt eines Mitarbeiters im freiheitlichen Landtagsklub, der in der Journalisten-Fragenrunde gleich als Erstes das Wort ergriff und mehrere Fragen stellte. Eine Aufgabe, die grundsätzlich Medien- und nicht Parteivertretern zugedacht ist.
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