Cybermobbing-Drama

Elternverein klagt nach Suizid einer Schülerin Facebook

Web
28.05.2013 09:20
"Vergebt mir, wenn ich nicht stark bin. Ich halte das nicht länger aus." Diese letzten Worte postete die 14-jährige Carolina Picchio aus dem norditalienischen Novara auf Facebook, bevor sie sich aus einem Fenster im dritten Stock in den Tod stürzte. Die Schülerin war Opfer von Facebook-Mobbing geworden und sah keinen anderen Ausweg mehr als den Freitod. Jetzt verklagen empörte Eltern das soziale Netzwerk.

Facebook trage Mitschuld am Selbstmord der Schülerin, behauptet die italienische Elternorganisation, die jetzt Strafanzeige gegen das soziale Netzwerk erstattet. "Das ist das erste Mal, dass in Europa eine Elternorganisation eine solche Anzeige gegen Facebook einbringt", sagt Antonio Affinita, ein Vertreter der Kläger.

"Italienisches Recht verbietet Minderjährigen unter 18, Verträge zu unterzeichnen. Trotzdem geht Facebook im Grunde einen Vertrag mit Minderjährigen ein, der ihre Privatsphäre betrifft – ohne, dass es die Eltern wissen", führt er im Gespräch mit der britischen Zeitung "Telegraph" aus.

Mobbing-Videos waren trotz Meldung tagelang online
Noch sei offen, ob man wegen dieses Falles gegen Facebook-Mitarbeiter ermitteln werde, heißt es vom zuständigen Staatsanwalt Francesco Saluzzo. Die Nachforschungen hätten aber schon jetzt ergeben, dass jene Videos, die das Mädchen in den Tod trieben, auch Tage, nachdem sie von Freunden der Betroffenen an Facebook gemeldet wurden, noch immer online waren.

Die Vorgeschichte: Nach der Trennung vom damaligen Freund der Schülerin posteten acht Burschen zwischen 15 und 17 Jahren ein Video im Internet, das die 14-Jährige im betrunkenen Zustand auf einer Party zeigte. Die öffentliche Demütigung war dem Mädchen zu viel. Sie nahm sich im Jänner das Leben.

Facebook bietet Meldefunktion, Löschung kann dauern
Es ist unklar, ob das raschere Entfernen des besagten Videos den Selbstmord verhindert hätte. Der Fall wirft jedoch die Frage auf, wie schnell Facebook auf Anfragen zur Löschung von unerwünschten Inhalten reagiert. Grundsätzlich gibt es "Report"-Links, über die anstößige oder unerwünschte Inhalte zur Löschung gemeldet werden können.

Außerdem habe das soziale Netzwerk schon 2011 eine Online-App namens "Stop Bullying, Speak up" online gestellt, um auf das Problem mit Cybermobbing hinzuweisen, berichtet die Zeitung. Trotzdem: Der Fall von Carolina Picchio zeigt, dass es einige Zeit dauern kann, bis Facebook tatsächlich auf Löschanfragen reagiert.

Ermittlungen gegen Facebook-Mitarbeiter möglich
"Es ist zurzeit eine offene Ermittlung ohne bestimmte Verdächtige", sagt Staatsanwalt Saluzzo. Gegen Facebook selbst werde nicht ermittelt. Man könne aber theoretisch gegen die Facebook-Mitarbeiter vorgehen, die nicht schnell genug auf die Löschanfragen reagiert haben.

Für Affinita vom klagenden Elternverein ist die Sache klar: Cybermobbing und daraus resultierende Selbstmorde werden in Italien zunehmend zum Problem. Der Tod des jungen Mädchens sei dabei nur der Gipfel einer traurigen Serie, bei der sich unter anderem vergangenes Jahr ein 15-jähriger Schüler das Leben genommen hatte, nachdem er von anderen Jugendlichen auf Facebook als homosexuell bezeichnet worden war.

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