Einen noch herumringelnden Regenwurm schlucken, barfuß eine frische, lauwarme Kuhflade durchwaten, eine dicke Liane rauchen oder beim Hausdrachen von nebenan Sturm läuten – mit derartigen Mutproben finden diverse Bubenbanden noch immer neue würdige Mitglieder. Beim Bundesheer läuft es ähnlich. Allerdings eindeutig spannender und wesentlich professioneller: Der neue Verteidigungsminister stellte sich in Wiener Neustadt bei seinem persönlichen "Aufnahmetest" gleich den Härtesten der Härtesten im Heer – den doch sehr reschen Maskenmännern des Jagdkommandos.
Wer Einsätze im Tschad, im Kosovo oder in Afghanistan absolviert und seine Aufgaben perfekt und gelassen erfüllt, hat naturgemäß relativ begrenzt Mitgefühl für den "Neuen", der hier und jetzt plötzlich auf Fallschirmspringer macht: Die Jagdkommando-Offiziere stecken den Minister prompt in einen olivgrünen Overall und verpassen ihm noch das richtige Schuhwerk.
Übung macht den Fallschirmsprung-Meister
Dann sitzt Klug nach einer kurzen Instruktion bereits auf einem zehn Meter hohen Sprungturm: Ein Ruck, raus geht's, der neue Chef baumelt an den Gurten. "21! 22! 23!", schreit er laut – wie befohlen – die Sekunden bis zum sicheren "Flug" hinaus und rutscht auf dem schräg gespannten Drahtseil flott in die Tiefe.
"Ziemlich cool", raunen sich die uniformierten Zuschauer am Boden zu: "Der Neue" macht sich beim Fallschirm-Training nicht übel. Und Klug scherzt nach der harten Landung: "Crashkurse wie dieser können mich nicht mehr beunruhigen. Ich hab das jetzt im neuen Job ja täglich."
Kräftigendes Mittagessen vor dem großen Sprung
Sofort nach dem Mittagessen (der Verdacht liegt nahe, dass kein Parteifreund des Ministers diesen Zeitplan festgelegt hat) geht es für den Politiker ab in die Luft: Gerald Klug wird in eine kleine Pilatus-PC-6-"Turbo Porter"-Maschine gesetzt – der Tandem-Sprung aus 3.800 Metern Höhe steht auf dem Programm.
15 Minuten später rasselt die Seitentür des Flugzeugs nach hinten, tief unten liegt Wiener Neustadt. Oberst des Generalstabs Horst Hofer, der Kommandant des Jagdkommandos, steigt als Erster aus, hinter ihm hechten Klug und sein Sprung-Lehrer ins Nichts. Minutenlang dauert der freie Fall. Der Wind rauscht, der Minister hat beide Daumen oben. Der Tandemsprung-Lehrer zieht die Reißleine, das Duo schwebt mit dem Schirm sanft Richtung Flugplatz Wiener Neustadt und setzt auf dem Landepunkt vor der Jagdkommando-Kaserne auf. Der Minister strahlt und lacht laut: "Das war super!" Ein Erinnerungsfoto, ein anerkennendes Schulterklopfen von den Profis: Mutprobe bestanden.
Minister als MG-Schütze und Kampftaucher
Mit den vom Heer selbst umgebauten imposanten "Sandviper"-Geländewagen geht es dann ab durch das Gebüsch: Klug in voller Montur am Maschinengewehr im Ausguck – seine "Bubenbande" erfüllt eben Bubenträume, Knallpatronen und Pulverdampf inklusive.
Der Ernst der Bundesheer-Aufgaben zeigt sich wieder bei der Lagebesprechung bei den Kampftauchern: Die Jagdkommando-Soldaten zeigen Klug ihre Waffen, stecken den Minister in einen Tauchanzug und erklären ihm ihre Hightech-Ausrüstung – Tauchroboter, Spezialhelme, Seilwinden. Und auch ein Schlauchboot, das sich sofort nach dem Abwurf aus dem "Blackhawk"-Helikopter noch im Flug mit Pressluft befüllt. "Ja, das ist fast schon wie bei James Bond. Nur: Bei uns funktioniert's wirklich", lächelt der Kampftaucher-Lehrer.
Beim Rausschälen aus seinem Tauchanzug sagt der Minister weitere Truppenbesuche zu: "Unser Bundesheer muss wieder viel mehr im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen. Die Soldaten des Bundesheeres verdienen unsere große Anerkennung."
Informationen zum Jagdkommando
"Wir haben zahlreiche Bewerber, das Interesse am Jagdkommando ist ungebrochen groß", frohlockt Kommandant Hofer, der gemeinsam mit seinem Stab nur die Besten für die Einheit Team auswählt. Die Aufgaben des Jagdkommandos als Spezialeinheit des Bundesheeres: Spezialaufklärung, Kommandounternehmen (Geiselbefreiung, Festnahme von Kriegsverbrechern), Such- und Rettungsoperationen, Evakuierung von Personen aus Krisengebieten – wie etwa jüngst beim "Arabischen Frühling".
Das Jagdkommando, das 1963 gegründet wurde, stellt einen präsenten Einsatzverband dar, der rasch verfügbare Elemente für Einsätze im In- und Ausland bereithält. Innerhalb von vier Stunden kann die Abmarschbereitschaft hergestellt werden. Der Leitspruch des Jagdkommandos lautet: "Numquam retro" ("Niemals zurück").
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