Beim Prozess am Landesgericht Feldkirch wollte sich die Angeklagte an nichts erinnern. Dabei hat sie einiges am Kerbholz.
In Handschellen wird die ehemalige Pflegerin von Justizwachebeamten in den Verhandlungssaal geführt. Zu den Vorwürfen des Staatsanwaltes will sich die 35-Jährige nicht äußern. „Ich kann mich nicht daran erinnern“, sagt sie. Und darum geht es. Am 11. April alarmiert ein Wildpinkler gegen 1.30 Uhr die Polizei und meldet eine unheimliche Begegnung mit einer Frau auf dem fremden Grundstück. Diese sei in eine Wolldecke gewickelt gewesen und hätte ihn beim Verrichten der Notdurft angestarrt. Die Unheimliche soll eine Dogge dabeigehabt haben.
Als die Beamten kurz darauf eintreffen und die Frau auffordern, den Hund anzuleinen, eskaliert die Situation. „Willst Du gleich eine aufs Maul oder später?“, kontert die 35-Jährige und watscht daraufhin einen Beamten ab. Es kommt zum Gerangel und beide kugeln eine Böschung und eine zwei Meter hohe Mauer hinunter.
Haare mit Küchenmesser abgeschnitten
Ein paar Tage später der zweite Vorfall. Diesmal in der Wohnung ihres Ex-Partners in Weiler. Als der 45-Jährige abends von der Arbeit nachhause kommt, traut er seinen Augen nicht. Die Frau hatte nicht nur mit einem Küchenmesser ihre Haare abgeschnitten und diese überall verstreut. „Meine komplette Wohnung war verwüstet. Es war nur Chaos. Als ich ihr dann sagte, sie solle ihre Sachen packen und verschwinden, versuchte sie mit einem Krückstock auf mich einzuschlagen.“ Der Mann alarmiert die Polizei und flüchtet aus der Wohnung.
„Eine schlechte Show“
Als die Beamten eintreffen, sitzt die 35-Jährige mit einem Tomahawk bewaffnet auf dem Sofa. Kurz darauf schmettert sie das Beil mit voller Wucht in Richtung der Beamten. Die Waffe verfehlt diese und landet in einer Plane. Glücklicherweise scheitert auch der zweite Versuch, die Beamten zu treffen. Es klicken die Handschellen. Zwei Psychiater und ein Psychologe begutachten daraufhin die Frau. Eine Zurechnungsfähigkeit wird attestiert. Doch in der Verhandlung zeigt sich die Angeklagte nicht nur apathisch. Sie leidet auch plötzlich unter massivem Gedächtnisverlust.
Nach kurzer Beratung des Schöffensenats spricht Richterin Verena Wackerle die wegen versuchter schwerer Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Sachbeschädigung rechtskräftig schuldig. Zwanzig Monate Haft, dem Ex-Freund spricht sie 800 Euro Entschädigung zu. „Wir glauben Ihnen Ihre Erinnerungslücken nicht. Sie haben nie zuvor daran gelitten und plötzlich wissen sie nichts mehr. Das Gericht erachtet Ihre Verantwortung für eine Show, und zwar für eine ganz schlechte.“
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