Mit Einmalzahlungen könnten sie „scheißen gehen“, richtete Gewerkschafts-Boss Reinhold Binder, den Arbeitgebern im Herbst aus - „situationselsastische Spracheleganz“ nannte er das. Auch vor der am Dienstag beginnenden Frühjahrslohnrunde wird der Micheldorfer im „Krone“-Interview recht deutlich.
OÖ-„Krone“: Müssen wir uns in der Frühjahrslohnrunde wieder auf Warnstreiks wie im Herbst gefasst machen?
Reinhold Binder: Für die Herbstlohnrunde war die Rekord-Teuerungsrate mit 9,6 Prozent ein kleiner Giftcocktail. Das war der härteste Arbeitskampf in den letzten 60 Jahren. Die Politik hat natürlich auch mitgespielt, weil die Teuerungsbekämpfung bei den Leuten nicht angekommen ist. Das nimmt man jetzt schon auch mit, weil so eine richtige Entspannung ist noch nicht eingetreten.
Aber die Inflation ist schon zurückgegangen.
Ich würde mir eine Teuerungsrate wie in Europa wünschen, mit 2,3 Prozent, aber wir haben jetzt halt eine Teuerungsrate von 6,8 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten.
Laut Experten treiben hohe Lohnabschlüsse die Preise aber erst recht in die Höhe. Ein Teufelskreis?
Es ist genau umgekehrt: Die Preise sind als erstes gestiegen, die Löhne folgen erst nachher. Die Billig-Lebensmittel zum Beispiel sind innerhalb von zwei Jahren um 42 Prozent teurer geworden. Gerade auch in den Branchen der Frühjahrslohnrunde hat man in den letzten Jahren Rekordergebnisse geschrieben. Insbesondere in der Elektro- und Elektronik-Industrie haben wir die Transformationsgewinner.
Am 12. März beginnt die Frühjahrslohnrunde in der Industrie. Es starten die Elektro- und Elektronikindustrie (60.000 Beschäftigte) sowie die Papierindustrie (8000). Am 19. März folgt die Textilindustrie (7500), am 4. April die chemische (50.000) und am 7. Mai die Glasindustrie mit 7000 Beschäftigten.
Die Gewerkschaft hat zur Senkung der Inflation eine Strompreisbremse und eine Übergewinnsteuer gefordert. Beides hat die Bundesregierung eingeführt.
Das ist komplett falsch.
Das ist nicht falsch.
Ich darf das konkretisieren: Wir haben vor zwei Jahren sogar als Sozialpartner ein Neun-Punkte-Programm eingebracht mit Maßnahmen, die man einführen müsste, um rasch die Teuerungsrate in den Griff zu kriegen. Davon ist überhaupt nix umgesetzt worden. Das einzige war das „Mietpreisbremserl“ – ein sehr lückenhaftes Sieb.
Uns geht es um nachhaltige Lohnerhöhungen. Einmalzahlungen sind der Schnittlauch auf dem Butterbrot.
Reinhold Binder, Bundesvorsitzender Gewerkschaft PRO-GE
Experten warnen, dass hohe Lohnabschlüsse die Wettbewerbsfähigkeit der gerade in OÖ stark exportorientierten Industrie schwächen. Das schadet letztendlich ja auch wieder den Arbeitnehmern.
Das ist eine Sichtweise, die kann man wertschätzen. Die andere ist: Für eine regionale Wirtschaft ist es wichtig, die Kaufkraft zu stärken. Das nehmen wir uns auch für die Frühjahrslohnrunde vor. Wir haben im letzten Jahr knapp 200 Milliarden Euro Waren und Fahrzeuge ins Ausland exportiert. Der österreichische Industrie- und Produktionsstandort ist völlig attraktiv. Nur muss man jetzt Perspektiven entwickeln, und diesen Prozess sollte auch die Politik mit Standortpolitik unterstützen. Aber das passiert momentan nicht. Sonst wäre die Politik nicht so trottelhaft vorgegangen, dass – nachdem wir die härteste Lohnrunde seit 60 Jahren hatten – im Dezember die öffentliche Beschaffungsbehörde 1000 (chinesische, Anm.) BYD-Fahrzeuge für die österreichischen Behörden freigibt. Es gehört längst hinterlegt, dass jene Produkte verarbeitet werden, die eine österreichische oder europäische Wertschöpfung haben.
Die Arbeitslosigkeit ist zuletzt wieder angestiegen. Können sich die Unternehmen die Lohnerhöhungen nicht mehr leisten?
An den Löhnen liegt es nicht. Wir haben einen Fachkräftebedarf, da muss man jetzt in die Zukunft investieren und 2024 das Jahr der Lehre ausrufen.
Was sagen Sie, wenn die Arbeitgeberseite bei der Frühjahrslohnrunde wieder Einmalzahlungen vorschlägt?
Uns geht es um nachhaltige Lohnerhöhungen. Einmalzahlungen sind der Schnittlauch auf dem Butterbrot.
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