Über mehrere Jahre hat eine VP-Politikerin und Finanzbeamtin aus Oberösterreich in Steuerbescheiden ihres Mannes, des Bürgermeisters und Politiker-Kollegen herumgestöbert. Bei einer Bewerbung um einen Teamleiterposten stolperte sie über ihre Neugier. Sie wurde wegen Amtsmissbrauch verurteilt, verlor ihr Gemeinderatsmandat.
Absturz statt steiler Karriereaufstieg! So endete für eine Finanzbeamtin und ÖVP-Politikerin aus dem Bezirk Ried im Innkreis eine Bewerbung um einen Teamleiterposten. Sie durfte offenbar vergessen haben, dass im Zuge der Postenbesetzung auch ihr „Abfrageverhalten“ am Dienstcomputer unter die Lupe genommen wird.
Bei einer ersten Überprüfung stellte sich heraus, dass sie 103 Zugriffe auf die Steuerdaten ihres Gatten und 37 Einsichten in den Steuerakt ihrer Arbeits- und Zimmerkollegin getätigt hatte. Ausgehend von diese Auffälligkeiten wurde nachgeforscht.
Wegen Amtsmissbrauch zu Geldstrafe verdonnert
Ergebnis: Die Politikerin interessierte sich auch noch für die steuerlichen Angelegenheiten der Tochter der Arbeitskollegin (24 Abrufe), für jene des Bürgermeisters ihrer Gemeinde (6 Abrufe) sowie für die Daten weiterer Kollegen aus der ÖVP-Fraktion.
Vor der Disziplinarkommission gab sie an, die Zugriffe seien dienstlich veranlasst gewesen oder lagen im Zusammenhang mit dem Auskunftsbegehren der jeweiligen Personen. Allerdings erklärten 15 Betroffene an, nichts von den Tätigkeiten der Beamtin gewusst zu haben. 13 Personen hatten ihr auch nicht das Einverständnis für die Einsicht gegeben.
Ihre Neugier endete für die Dame nun mit einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs und einer Geldstrafe in der Höhe von 2800 Euro. Nach einem klärenden Gespräch mit ÖVP-Bezirksparteiobmann Günther Lengauer legte sie ihre Funktion als Gemeinderätin zurück.
Amt als Gemeindeparteiobfrau zurückgelegt
Bereits beim Auftauchen der Vorwürfe hatte sie vor knapp zwei Jahren das Amt der Gemeindeparteiobfrau geräumt. „Es ist eine sehr unangenehme Sache für uns. Ich weiß auch nicht, was sie mit den Daten hätte machen sollen. Ein Amtsmissbrauch ist aber keine Kleinigkeit“, hält Lengauer fest.
Empört reagiert auch SPÖ-Landesgeschäftsführer Florian Koppler: „Am Finanzamt Braunau-Ried-Schärding gab es schon in der Vergangenheit Ungereimtheiten – damals wie heute ist die ÖVP involviert. Diese Vorfälle verstärken die Überzeugung einiger, dass die ÖVP die Republik als Selbstbedienungsladen betrachtet.“ Koppler kündigt eine parlamentarische Anfrage an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) an. „Es geht um nichts weniger, als sicherzustellen, dass Bürger vor politisch motivierten Überprüfungen Andersdenkender geschützt werden.“
Ruf nach Aufklärung und Konsequenzen
Auch die FPÖ wird parlamentarische Anfragen an Kanzler Nehammer, den Finanzminister Brunner und die grüne Justizministerin Zadic richten. Neos-Landespolitiker Felix Eypeltauer sieht LH Thomas Stelzer (ÖVP) in der Pflicht: „Es muss eine öffentlich-transparente Aufklärung geben. Es geht nicht um Amtsmissbrauch, sondern um Machtmissbrauch und Korruption. Sollten sich diese Vorwürfe bewahrheiten, muss es Konsequenzen geben.“
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