„Es nervt richtig“, waren die letzten Worte eines Bandido-Rockers, der wegen NS-Wiederbetätigung in Wels vor dem Schwurgericht stand. Nicht das Urteil meinte er damit, denn der Schuldspruch war wegen Geständnissen unausweichlich. Sondern seine Vergangenheit - Verschicken von NS-Zeichen und -Bildern, dazu Waffenbesitz -, die ihn eingeholt hat. Nur wegen „Mein Kampf“-Büchern kämpfte er um einen Freispruch.
Zwei Vorstrafen wegen Verstößen nach dem Waffengesetz werden dem Angeklagten, der eine sehr auffällige, aber strafrechtlich irrelevante Tätowierung am Kopf hat, als Vorbelastung vorgehalten. „Ich wusste, dass ich die Waffen nicht haben hätte dürfen“, meinte der Angeklagte, als er auf eine Pistole, einen Revolver und einen Schlagring angesprochen wurde, die am 26. Juni des Vorjahres bei ihm im Haus gefunden worden waren. „Aber der Schlagring ist eher ein Kirtag-Klumpert, mit dem man sich mehr selbst wehtut.“ Und die Waffen habe er beim Opa seiner Frau gefunden und eben mitgenommen.
Der Schlagring ist eher ein Kirtag-Klumpert, mit dem man sich mehr selbst wehtut.
Der Angeklagte vor Gericht
Großteils geständig
Der Angeklagte ist auch zu den Vorwürfen, Bilder mit Hakenkreuzen oder SS-Runen verschickt und als Moderator einer einschlägigen Telegram-Gruppe gewirkt zu haben, geständig: „Das war ein Blödsinn. Jetzt distanziere ich mich davon.“ Nur bei einem Vorwurf ist der durchtrainierte 39-Jährige nicht geständig: dass er acht Bücher mit NS-Bezug, darunter zwei Exemplare von „Mein Kampf“, im Schlafzimmer offen aufgestellt hatte. „Mein Haus habe ich vom Opa bekommen und er lebt auch noch bei uns. Die Bücher waren schon im Regal und ich habe ihnen keine Beachtung geschenkt. Ich wollte die Bücher meiner Großeltern nicht wegwerfen.“ „Im Regal standen 100 bis 120 Bücher, die genannten Bücher standen irgendwo dazwischen, wurden nicht explizit hervorgehoben“, so Anwalt Harald Korp, der sich mit dem Staatsanwalt darauf einigte, dass es beim Prozess nur noch um die zwei Hitler-Bücher geht.
„Erwarte keine Gnade“
Sein Mandant, der 39-Jährige, ist längst kein unbeschriebenes Blatt, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn das Abzeichen „Expect no mercy“, also „Erwarte keine Gnade“, dürfen bei den Rockern nur jene tragen, die eine schwere Straftat begangen haben. Ob er hier auf eine Massenschlägerei zwischen verschiedenen Rocker-Banden - Bandidos, Broncos und Hells Angels - in der Schweiz Bezug nimmt, kann vielleicht beim Prozess in Wels aufgeklärt werden. Dem 40-Jährigen werden Verbrechen nach dem Verbotsgesetz und dem Waffengesetz vorgeworfen.
Rocker-Krieg verhindert
Aufgekommen ist alles, als der 40-Jährige Teil der zahlreichen Bandidos ins Visier der Justiz geriet, als im Vorjahr in Oberösterreich 13 Hausdurchsuchungen bei verdächtigen Nazi-Rockern durchgeführt worden waren. Damals waren Waffen um mehr als eine Million Euro und einschlägige Nazi-„Werke“ beschlagnahmt worden.
Die Polizei geht davon aus, dass dieser Schlag im Rocker-Milieu einen Krieg der Biker verhindert hatte. Die Bandidos hätten geplant, in Österreich, wo die Hells Angels das Sagen haben, eine Bastion zu errichten.
Mildes Urteil
Die Waffenfunde beim ersten angeklagten Bandido waren nicht strafbestimmend, das ist das Verbotsgesetz, das bei einem Schuldspruch zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft vorsieht. Nach nur 75 Minuten zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Und kamen mit einem milden Urteil zurück: Freispruch wegen der „Mein Kampf“-Bücher, keine schwere Qualifikation nach dem Verbotsgesetz und damit nach der Reform dieser Rechtsnorm nur noch mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis fünf Jahren bedroht.
Das Urteil - die Geschworenen hatten immer einstimmig entschieden: zehn Monate bedingte Haft und 1440 Euro Geldstrafe (nicht rechtskräftig).
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