Martin Grubinger

Finale einer großen Karriere -„Es ist vorbei!“

Oberösterreich
02.09.2023 16:00

Martin Grubinger, Multi-Perkussionist und Musiker von Weltformat, spielt im September sein letztes Konzert. „Ich werde auf der Bühne nicht mehr zu sehen sein - es ist vorbei!“, bekräftigt er im „Krone“-Talk sein selbst gewähltes Karriere-Ende. Doch wie geht es ihm wirklich damit?

Er ist Weltspitze! Doch am 22. September wird Martin Grubinger im Salzburger Festspielhaus das letzte Mal zum virtuosen Trommelwirbel anheben. Anschließend beendet er im 40. Lebensjahr seine große, 25 Jahre anhaltende Konzertkarriere als Solo-Perkussionist. Was wird er vermissen? Was kommt nach den schnellen Beats?

Die „Krone“ besuchte ihn in seinem Domizil in Neukirchen an der Vöckla, im oberösterreichischen Bezirk Vöcklabruck. Für das Interview unterbricht er das Kickerl mit Sohn Noah (12).

Martin Grubinger: Fußball ist unsere große gemeinsame Leidenschaft, mein Sohn und ich, wir sind absolute FC Bayern-Fans.

„Krone“: Spielt der Junior auch Schlagzeug?
Ja, es macht ihm Spaß, das ist das Wichtigste. Aber wenn er sagt, er will es professionell machen, dann kommen neben Freude andere Parameter dazu, vor allem Disziplin und Verzicht.

Hatten Sie denn damals in dem Alter schon die Entscheidung getroffen?
Ich war früh dran, sie fiel im Alter von 10 Jahren mit allen Konsequenzen: Es gab ab da keine Urlaube mehr. Nur Schlagzeug, Fußball, ein paar Mal baden, Schlagzeug – es war total meine Destination! Als ich bei einem Wettbewerb in Japan mit deutlich Älteren mithalten konnte, ist plötzlich das Fenster für eine Solo-Karriere aufgegangen. Mein Vater und ich haben gesagt: „Ok, das probieren wir jetzt.“ Wir haben dann wie ein Start-up agiert.

Ohne Ihre Eltern wäre es wohl nicht gegangen?
Wir sind bis heute ein Familienunternehmen. Meine Mutter hat mich gerade angerufen, sie organisiert nach wie vor die ganze Logistik für die wenigen Konzerte, die ich noch spiele.

Was sagt die Mama dazu, dass Sie Ihre Konzertkarriere an den Nagel hängen?
Ich glaube, es passt ihr ganz gut, aber ehrlich gesagt, traue ich mich die Mama gar nicht fragen.

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Ich habe den Traum eines Schlagzeugsolisten, der weltweit unterwegs ist, lange leben dürfen. Ich bin dankbar für diese Jahre.

Warum das Aus?
Ich bin 25 Jahre mit großer Intensität aufgetreten. Aber mir ist klar geworden: Ich möchte nicht bis zum 70. oder gar 80. Lebensjahr auf der Bühne stehen, sondern noch andere Dinge leben, für die ich mich interessiere.

Was steht denn nun auf Ihrer Agenda?
Meine Unterrichtstätigkeit ist mir sehr wichtig. Und Geschichte ist mein großes Hobby, ich inhaliere sämtliche Bücher ab der Französischen Revolution bis heute und schaue ständig Dokus. Ich glaube zwar nicht, dass man auf mich als Historiker wartet, aber: Ich will wieder studieren!

Am Salzburger Mozarteum unterrichten Sie klassisches Schlagzeug. Für wen sind Sie der richtige Lehrer?
Ehrlich gesagt: Nur für den, der wirklich das Maximum herausholen möchte und der es ganz an die Spitze schaffen will.

Ihr Rezept?
Voller Fokus auf die Mission! Es gibt nur das Instrument, das Studium, das Repertoire und das Ziel.

Wenn Ihr Sohn doch diesen Weg gehen will, würden Sie ihn unterstützen?
Total, aber jedes Herz schlägt anders. Meine Frau ist auch Profimusikerin, wir wissen beide, was so eine Laufbahn mit sich bringt. Man muss es im Innersten wollen. Wenn man das jemandem aufoktroyiert, zerstört man den Menschen.

Wo sind Sie denn richtig an Grenzen gegangen?
Konzerte mit 40 Grad Fieber, Auftritte, obwohl mir alles wehgetan hat und ich nicht wusste, wie ich auf die Bühne komme – aber ich hatte die Härte zu sagen: „Da sitzt Publikum draußen, die freuen sich auf ein Konzert. Du gehst jetzt da raus und lieferst das ab!“ Das war eine Schule fürs Leben, die ich mit Spitzensportlern teile.

Was werden Sie im Innersten vermissen?
Das Publikum, obwohl ich nie süchtig nach Applaus war. Und mit den Kollegen auf der Bühne zu stehen. Da entsteht ein Flow, man ist wie in einem Tunnel voll Energie, wenn man im Konzert richtig drin ist und alles um sich herum nicht mehr wahrnimmt.

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Ich habe eine Vision: In der Gesellschaft soll wieder mehr Musik gemacht werden, darum habe ich eine App entwickelt.

Ist Musik bei Ihnen auch ein Dauerthema in der Partnerschaft?
Eigentlich nicht, aber wir lieben Musik in allen Facetten. Wenn wir in Bistro-Stimmung sind, kochen wir gut und legen Piaf auf. Wenn wir grillen, hören wir Sting, und Noah kommt mit Eminem oder Eko Fresh ums Eck. Oder er testet gerade unsere App auf Herz und Nieren.

Zur Person

Der 1983 in Salzburg geborene Schlagzeuger Martin Grubinger studierte am Bruckner-Konservatorium in Linz und am Salzburger Mozarteum. Schon in jungen Jahren trat er eine grandiose internationale Karriere an. Seit 2018 ist Grubinger Universitätsprofessor für klassisches Schlagwerk/Multipercussion an der Universität Mozarteum Salzburg. Im September beendet er seine Bühnenkarriere; Die App „MyGroove“ entwickelt er in Zusammenarbeit mit Red Bull.

Wie sind Sie darauf gekommen, eine Musik-App auf den Markt zu bringen?
Ich baue wahnsinnig gerne Lego, das entspannt mich. Beim Bau der „Saturn 5“ ist mir die Idee für die App „MyGroove“ gekommen, in der man wie in einer Band mit weltbekannten Musikern spielen kann, Level für Level leiten die „MyGroove Artists“ dabei durch verschiedene Songs. Die App ist schon zum Download verfügbar. Sie definiert einen großen Teil meiner Zukunftspläne. Ich habe die Vision, dass in der Gesellschaft einfach wieder mehr Musik gemacht wird.

Haben Sie selbst einmal in einer Band gespielt?
Ja, ganz am Anfang. Ich habe mit Nachbarsbuben in der Garage losgelegt. Heute haben die Kids kaum mehr Zeit dazu. Das „Momentum Musik“ geht in der Gesellschaft verloren. Eigentlich möchte ich mit der App zurück zu meinen Wurzeln.

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