Energie-AG-Chef

„Statt Panikmache braucht‘s seriösen Optimismus“

Oberösterreich
07.10.2022 17:00

Werner Steineckers letzte Monate als Energie-AG-Chef könnten kaum turbulenter sein. Mit der „Krone“ sprach der Generaldirektor des oberösterreichischen Energieversorgers über Blackout-Szenarien, Energie-Knappheit, Übergewinne und ungeduldige Kunden.

Die Urkunde, die Werner Steinecker anlässlich seines 50-Jahre-Firmenjubiläums bei der Eröffnung des Powertower-Zubaus bekommen hat, liegt auf dem Möbelstück direkt neben der Tür zu seinem Büro im 18. Stock der Energie-AG-Zentrale in Linz. Große Glasflächen lassen viel Tageslicht in den Raum, den der 65-Jährige mit 31. Dezember räumen wird. Eine gewisse „Gemütlichkeit“ hatte er sich für die letzten Wochen seiner Tätigkeit ausgemalt. „Die wird sich aber nicht mehr einstellen“, sagt der Generaldirektor und nimmt Platz.

„OÖ Krone“:Im ORF lief gerade ein Sechsteiler rund um den Blackout, in dem ein düsteres Bild gezeigt wurde, wie sich das Leben entwickelt, wenn es einige Tage keinen Strom gibt. Wie denken Sie darüber?
Werner Steinecker: Ich glaube, dass es eine unnötige Panikmache in einer ohnedies emotional sehr schwierigen, aufgeladenen Zeit ist. Momentan sind die Energiethemen alles andere als lustig und da gesellt sich dieses reißerische Thema noch dazu.

Mit diesem reißerischen Thema, wie Sie es nennen, werden aber auch Sie immer öfter konfrontiert.
Weil in den Firmenzentralen eine übermäßige prophylaktische Panik spürbar ist. Unter dem Motto: Ich muss dabei sein in der Blackout-Prävention, weil sonst bin ich nicht dabei. Erst am Mittwochvormittag rief mich ein Konzernchef an und sagte mir, dass sie den Hinweis bekommen haben, sich darauf einzustellen, dass die Energieversorger in Extremsituationen den Strom vier Tage abschalten und das für den von ihm geführten Betrieb undenkbar sei. Ich habe aufmerksam zugehört und war mehr als perplex.

Sie sind sichtlich verärgert.
Weil es einfach der komplett falsche Zeitpunkt ist, jetzt über den Blackout zu reden. Jetzt sind die gefragt, die in der Lage sind, seriösen Optimismus zur Verfügung zu stellen.

An wen denken Sie da?
Dieser seriöse Optimismus kann nur von der Politik kommen. Der ist aber nur dann praktizierbar, wenn man sich rechtzeitig an die Lösungsentwicklungen heranwagt. Da ist von Brüssel abwärts nicht viel Gutes gelungen.

Wie bewerten Sie die Strompreisbremse für private Haushalte?
Was sich die Bundesregierung mit dem vergünstigten Preis von zehn Cent pro Kilowattstunde einfallen hat lassen, ist gut. Es bedarf aber sehr rasch einer Art Nachüberlegung, weil Wärmepumpenbetreiber aufgrund ihres höheren Verbrauchs aus dem Rahmen mit den 2900 Kilowattstunden rausfallen und mehr für die Kilowattstunde bezahlen. Oberösterreich ist das Wärmepumpenland. Wir haben Tausende solcher Kunden. Die sagen: „Bitte tut’s was!“

Die Ungeduld wächst.
Es hat immer geheißen, dass es noch Nachjustierungsbedarf gibt, aber der Kunde ist ungeduldig. Der will sich nicht mehr vertrösten lassen. Der sagt: „Macht es gleich richtig!“

Zitat Icon

Die Kunden kennen sich bei der Vielfalt an Maßnahmen sehr oft überhaupt nicht mehr aus. Das hat schon mit dem Energiegutschein, mit den 150 Euro, angefangen.

Werner Steinecker

In der aktuellen Energiekrise stehen die Energieversorger in der Dauerkritik. Viel ist von Übergewinnen die Rede, die abgeschöpft werden sollen. Wird auch die Energie AG zur Kassa gebeten werden?
Im letzten Geschäftsjahr, das Ende September zu Ende ging, haben wir zwei Phasen erlebt. Wir haben gesehen, dass ab Oktober 2021 die Strompreise angezogen haben. Wir dachten, dass wir mit unseren insgesamt 43 Wasserkraftwerken davon profitieren werden. Doch auf einmal brach uns die eigene Wasserkraft durch lang anhaltende, noch nie dagewesene Trockenheit komplett weg. Wir waren teilweise auf 30 Prozent unter einem Normalproduktionsjahr und mussten selbst Ersatz einkaufen - zu hohen Preisen.

Was heißt das?
Unser hochprofitabler Energiebereich ist in die Knie gegangen. Hätten wir nicht eine grundsolide Aufstellung mit dem Netzsegment und dem Abfallbereich mit derzeit sehr attraktiven Reststoffwerten, hätten wir nicht eine gute Performance in Tschechien und im Telekommunikationsbereich, wären wir mit dem Ergebnis im Geschäftsjahr unter Wasser. Wir sind keine Kriegsgewinner.

Stichwort Krieg: Der Ausweg aus der Abhängigkeit von russischem Gas wird derzeit fast verzweifelt gesucht.
Wir sehen, dass die Ersatzbeschaffung von Flüssigerdgas, also LNG, über Amerika, den Oman und Norwegen dazu geführt hat, dass wir jetzt alleine als Energie AG zu 90 Prozent die Gasspeicher gefüllt haben. Österreichweit sind die Gasspeicher zu 80 Prozent gefüllt. Da sind wir im europäischen Umfeld in einer beneidenswert guten Lage. Europa tauscht aber gerade die Abhängigkeit von Gas aus Russland 1:1 an Amerika aus - mir ist da nicht gut dabei.

Trotzdem kann man nicht sagen, ob diese Gasreserven für den Winter reichen.
Es kommt immer darauf an. Denn ein nicht unbeträchtlicher Teil der eingespeicherten Gasmenge gehört den Deutschen. Außerdem wird bei den ganzen Mengen, die bereits eingespeichert sind, von einem normal temperierten Winter ausgegangen. Was ist, wenn ein kalter Winter kommt? Diese Sorge ist da.

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