Jan Marsalek

Das Wirecard-Phantom mit den vielen Gesichtern …

Österreich
04.08.2022 06:00

Vom Schulabbrecher zum weltweit gesuchten Milliardenbetrüger! Obwohl das mutmaßliche Fluchtdomizil des Österreichers Jan Marsalek bekannt ist, fliegt der Wahlrusse seelenruhig in den Urlaub.

Jan Marsalek alias Maks Mauer alias German Bazhenov - der mutmaßliche Hauptakteur im Wirecard-Finanzskandal hat auf seiner Flucht vor der deutschen Justiz viele Gesichter. Und ebenso viele Reisepässe. Als der gebürtige Wiener am 19. Juni 2020 das Weite suchte, stieg er am Flugplatz in Bad Vöslau (NÖ) als Staatsangehöriger des Karibikstaates Grenada in den bereitstehenden Privatjet.

In Jeans, Hemd, Lederjacke, Turnschuhen und mit kleinem Koffer sowie Kleidersack. Organisiert hatte die spontane Reise ein einstiger Mitarbeiter des österreichischen Verfassungsschutzes. Der laut späterer Aussage nicht gewusst haben wollte, dass deutsche Ermittler seinen Freund suchten. Internationalen Haftbefehl gab es zu diesem Zeitpunkt noch keinen.

Finanzbetrug um 1,9 Milliarden Euro

Der Wirecard-Skandal gilt als der größte Finanzbetrug Europas seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Ereignisse im Zeitraffer:

  • 1999 in Bayern gegründet, war Wirecard als digitaler Zahlungsabwickler Bindeglied zwischen Onlinekäufern und -verkäufern. Wirecard bezahlte das Geld an Verkäufer und erhielt es im Nachhinein vom Kreditkarteninstitut.
  • Das Unternehmen galt als DAS deutsche Vorzeigeunternehmen - aufgrund des starken Aufstiegs verdrängte Wirecard 2018 die Commerzbank aus dem DAX und galt somit als deutsche Top-Finanz-Firma.
  • Anfang 2019 brachte die „Financial Times“ Wirecard mit Artikel über Scheinhandel mit Tochtergesellschaften in Asien und über Zahlungsabwicklungen mit nicht existierenden Unternehmen ins Wanken.
  • Wenige Monate später fiel das Betrugskartenhaus dann endgültig zusammen: Finanzunterlagen waren gefälscht und 1,9 Milliarden Euro in der Unternehmensbilanz fehlten. Wirecard meldete Insolvenz an.
  • Während der gebürtige Wiener und Wirecard-Geschäftsführer Markus Braun verhaftet wurde und noch auf seinen Prozess in München wartet, konnte sich sein Landsmann und die rechte Hand im Vorstand, Jan Marsalek, rechtzeitig absetzen. Es wird spekuliert, dass sich der Flüchtige um einen dreistelligen Millionenbetrag bereichert hat.

Zusammenarbeit mit Geheimagenten
Das Ex-Vorstandsmitglied der Wirecard AG hatte neben seinem luxuriösen Lebensstil auch stets engen Kontakt zu Politik und Nachrichtendiensten gepflegt. Neben den Verbindungen zu österreichischen Beamten soll Marsalek vor allem mit russischen Geheimagenten zusammengearbeitet, diese mit personenbezogenen Daten versorgt und Oligarchen-Millionen gewaschen haben. Wohl im Wissen, dass ihm diese Geschäftsbeziehungen einmal von Nutzen sein könnten.

Und sein Plan scheint aufzugehen: Denn nach dem Start in Österreich landete der Privatjet mit dem Geflüchteten drei Stunden später in Weißrusslands Hauptstadt Minsk. Wo sich die offizielle Spur des Jan Marsalek verliert. Allerdings gibt es kaum Zweifel daran, dass er sich über die nur 260 Kilometer entfernte Grenze nach Russland verflüchtigt hat.

Diesmal getarnt als Maks Mauer aus Bregenz - wie die in London stationierte Aufdeckerplattform „Dossier Center“ gemeinsam mit der „Süddeutschen Zeitung“ herausgefunden haben will. Aus russischen Quellen seien Infos, Dokumente und Videomaterial übermittelt worden, die beweisen sollen, dass der gesuchte Österreicher in einer Villa im nobelsten Stadtteil Moskaus lebt. Unter dem Schutz des Inlandsgeheimdienstes FSB.

Mit langem Bart und per Luxuswagen durch Moskau
Aufnahmen einer Überwachungskamera sollen Jan Marsalek mit langem Bart zeigen, wie er in einen dunklen Luxus-SUV mit Diplomatenkennzeichen steigt. Allgemein soll sich sein pompöser Lebensstil, anders als seine Identität, nicht geändert haben. Ganz im Gegenteil: Vor wenigen Wochen erst sei er nach Sotschi am Schwarzen Meer geflogen, um ein paar Tage Luxusurlaub zu genießen.

Und die deutschen Ermittlungsbehörden müssen tatenlos zusehen - ein vor Kurzem verfasstes Schreiben an die Behörden in Moskau lief (wenig überraschend) ins Leere. Zumal Jan Marsalek alias Maks Mauer alias German Bazhenov laut Insider-Informationen im Juni des Vorjahres die russische Staatsbürgerschaft bekommen haben soll. Seine Wahlheimat müsste ihn demnach gar nicht ausliefern ...

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