Stadtrat im Interview

Hanke: „Michael Ludwig wäre ein guter Kanzler!“

Wien
27.11.2021 16:55

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig als der Pandemie-Manager Österreichs. Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht Wien gut da. Wir reden mit seinem Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) über Lockdowns, Politiker-Feiern, die Öffis und die Mindestsicherung. Und Hanke spricht es als einer der ersten Politiker klar aus: „Michael Ludwig wäre ein guter Bundeskanzler!“ Hans Peter Doskozil hält er auch für gut, allerdings als Landeshauptmann.

„Krone“: Herr Stadtrat. Die Pandemie ist für Geimpfte vorbei, hat der ehemalige Bundeskanzler gesagt, der neue wiederum meinte, dass es keinen Lockdown für Geimpfte mehr geben wird. Und trotzdem sitzen wir wieder alle im Lockdown. Was halten Sie von Politikern, die solche weitreichenden Versprechungen geben, sie aber nicht halten können?
Peter Hanke: Wenig überraschend nicht sehr viel. Dinge in Entwicklungsstadien müssen klar als solche erkannt und kommuniziert werden. Und das gilt jetzt nicht nur für die Pandemie, sondern auch für das Thema Wirtschaft. Die Offenheit, den Bürgern zu sagen, dass man manchmal nicht weiß, was in ein oder zwei Monaten passiert, ist viel wichtiger, als eine falsche Entschlossenheit.

Jetzt gehören Sie aber selbst zu den Politikern, die im Sommer solche Erklärungen abgegeben haben. Am 19. Juli titelten wir nach einem gemeinsamen Interview: „Hanke: Kein Lockdown mehr für die Geimpften“.
Auch ich kann mich irren. Man muss sich auch für Fehler, die gemacht werden, entschuldigen können. Aber in der Politik geht es um Entscheidungen, teilweise auch um mutige.

Wien stand von allen Bundesländern am besten da und geht aus Solidarität, wie der Bürgermeister verlautbarte, in den Lockdown. Was sagen Sie einem Wiener, der aus Solidarität jetzt pleitegehen muss?
Dass wir ihm als Stadt Wien mit unseren Möglichkeiten zur Seite stehen werden, damit das nicht eintrifft. Und dafür habe ich in meiner Rolle als Finanzstadtrat und Wirtschaftsstadtrat vieles getan.

Aber was ist ein Solidaritäts-Lockdown? Entweder braucht es einen oder es braucht keinen.Dieses kleine Österreich, im Vergleich zu Deutschland, braucht gemeinsame Spielregeln und die müssen seitens der Bundesregierung und des Gesundheitsministers definiert werden. Wobei mir wichtig ist, dass unter der Führung unseres Bürgermeisters sehr viel richtig gemacht worden ist. Wir haben noch immer eine sehr niedrige Inzidenz im Vergleich zu anderen Bundesländern, müssen aber im Sinne des Standorts Österreich diesen solidarischen Schritt machen.

Können Sie versprechen, dass wir heuer noch einmal aufsperren?
Ich bin persönlich davon überzeugt, dass wir heuer noch einmal aufsperren, versprechen kann ich es wohl nicht.

Welche neuen Hilfen wird es denn geben?
Bestehendes, das gut funktioniert hat, werden wir verlängern. Die gute Stützung der Hotellerie, ist ganz wichtig, mit 50.000 Euro pro Standort, für Unternehmensketten bis zu 200.000 Euro. Aber ich werde auch nicht müde zu betonen, dass wir weiterhin im Bereich der Arbeitnehmer etwas zu tun haben. Ich darf nur an die Joboffensive 50+ erinnern.

Sie waren eingeladen und haben abgelehnt?
Ich wäre eingeladen gewesen. Aber man muss das Feiern ein Stück weit zurückfahren. Wir befinden uns gerade einmal in der ersten Woche des Lockdowns.

Sind Sie ein Befürworter der Impfpflicht?
Ich bin ein Befürworter der Impfpflicht. Aber auch, dass sie über einen Zeitraum begrenzt ist, nämlich so lange sie für die Herdenimmunität notwendig ist. Ich schätze einmal, dass das so zwischen ein und zwei Jahren ist.

In Wien leben bald zwei Millionen Menschen, wir wollen bei den ganz großen mitspielen, aber an Sonntagen ist in Wien immer Lockdown im Handel. Ist es nicht längst an der Zeit, auch für Sonntage eine Öffnungsregelung zu finden?
Wir haben immer gesagt, sollte es zu einem einvernehmlichen Vorgehen zwischen den Partnern kommen, sind wir gerne da mit dabei. Angesprochen sind natürlich die Gewerkschaft und auch die Unternehmerseite. Wenn das gelingt, ist auch der gemeinsame Nenner gefunden.

Wien hat bald zwölf Milliarden Euro Schulden. Bereitet Ihnen das schlaflose Nächte?
Nein, das bereitet mir keine schlaflosen Nächte, weil Schulden im Sinne der Kameralistik nicht als Schulden zu sehen sind, sondern als Kapital, das man erwirtschaftet im Sinne von Brücken, Straßen, Schulen, Wohnungen und Infrastruktur.

Welches Kapital erwirtschaftet die Stadt, wenn sie in den kommenden zwei Jahren 1,5 Milliarden Euro für die Mindestsicherung ausgibt? Da sind bekanntlich nicht nur die gern zitierten Aufstocker dabei. Was ist das Motto in Wien: Nichts leisten muss sich weiter lohnen?
Nein, es muss sich lohnen, Leistung zu zeigen. Mir ist wichtig, mit dem Doppelbudget aufzuzeigen, dass wir Wien jetzt für das nächste Jahrzehnt gerüstet sind. Wir befeuern die großen Themen. Das ist einmal mehr die Klimaneutralität 2040. Das heißt Mobilitätswende, Sanierung von Wohnbauten, das bedeutet auch weiterer Ausbau des Öffi-Netzes. All das hat für mich momentan Priorität und dort ist Leistung gefragt. Wir brauchen jeden gut ausgebildeten Wiener.

Der Stadtrechnungshof hat Mitarbeitern der Wien Holding empfohlen, statt eines Dienstwagens die Öffis zu benutzen. Antwort: „Das sei mit dem repräsentativen Charakter der entsprechenden Funktionen nicht vereinbar.“ Die werten Herren sind also zu fein für die U-Bahn. Was sagen Sie als Öffi-Stadtrat dazu?
Dass die Beantwortung auf diese Frage qualitative Luft nach oben lässt. Das Netz der Stadt Wien ist ein sensationelles. So eine Beantwortung sollte man sich noch einmal dringendst überlegen.

Haben Sie eine Jahreskarte der Wiener Linien?
Ich habe keine Jahreskarte für die Wiener Linien, fahre dennoch und bezahle dann den vollen Preis.

Wie kommt man mit der U-Bahn von der Spittelau zum Stubentor?
Bitte keine Prüfungsfragen. Das mache ich nur mit meinem Sohn.

(Auflösung: Unter anderem mit der U4 bis Landstraße, dann mit der U3 bis Stubentor.)

Von den Öffis auf die Straße. Was, wenn Ministerin Leonore Gewessler das Projekt Lobautunnel stoppt?
Teile unserer Stadtentwicklungsgebiete könnten nicht umgesetzt werden. Was zur Folge hätte, dass auch Wirtschaftsunternehmen eine andere Entscheidung treffen könnten. Und es würde zudem dazu führen, dass Gebiete im Umkreis von Wien besiedelt werden, was zu einer höheren CO2-Belastung und zu einer höheren Bodenversiegelung führt.

Anderes Thema. Mit wem soll eigentlich die Bundes-SPÖ in die nächste Wahl gehen?
Wir haben jetzt eine gewählte Vorsitzende, die derzeit in den Umfragen gut liegt.

Weil alle anderen noch schlechter sind.
Wir sollten momentan die Geschlossenheit der Partei in den Mittelpunkt stellen und versuchen, mit den richtigen Sachthemen zu punkten.

Wäre Michael Ludwig ein guter Bundeskanzler?
Michael Ludwig wäre mit Sicherheit ein guter Bundeskanzler. Er hat es in Wien bewiesen, und in den Spitzenzeiten der Pandemie die richtigen Entscheidungen getroffen.

Wäre auch Hans-Peter Doskozil ein guter Bundeskanzler?
Ich glaube, er ist ein guter Landeshauptmann und die Landeshauptleute sind sehr, sehr wichtig, um dann am Ende des Tages auch ein gutes Bundesergebnis zu erzielen.

Ich nehme an, dass Sie auch heute dementieren werden, dass Sie in den Bund wechseln würden.
Ich präsentiere am Montag mein Doppelbudget. Ich bin in meiner Rolle gefordert.

Können Sie ausschließen, dass Sie in den Bund wechseln?
Man soll nie im Leben etwas ausschließen, weil es immer anders kommen kann. Aber es stellt sich diese Frage nicht.

Eine eidesstattliche Erklärung geben Sie also nicht ab?
Die wird es nicht geben.

Alexander Schallenberg ist der Tierkrawatten-Politiker, Bürgermeister Michael Ludwig hat am liebsten Hosenträger. Was muss passieren, damit Sie eines davon tragen?
Es wird nicht passieren, dass ich eines von diesen Dingen trage. Ich habe mein Stecktuch und das ist mein Markenzeichen.

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