NATO soll "aufhören"

Gadafi fleht “Exzellenz” Obama in Brief an

Ausland
07.04.2011 07:30
Post von Muammar al-Gadafi höchstpersönlich ist am Dienstag im Weißen Haus eingetrudelt, wie die US-Regierung nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP bestätigte. Auf drei Seiten bittet der bombardierte Machthaber demnach "Unseren Sohn" und "Eure Exzellenz", US-Präsident Barack Obama, sich für eine Beendigung der NATO-Angriffe einzusetzen. Die Angriffe hätten seinem Land bisher ohnehin "mehr moralisch als physisch" zugesetzt, so Gadafi. Das US-Militär hatte sich in der Nacht auf Dienstag aus der Operation zurückgezogen, um fortan nur noch eine "unterstützende Rolle" zu spielen.

Der Brief habe drei Seiten, sei mit "Tripolis, 5. April 2011" datiert und sei in einfachem Englisch mit relativ vielen Schreib- und Ausdrucksfehlern verfasst, berichtet die AP. "Our dear son, Excellency, Baraka Hussein Abu oumama, your intervention is the name of the U.S.A. is a must, so that Nato would withdraw finally from the Libyan affair", heißt es in dem Brief demnach wörtlich. Gadafi meine damit, dass Obama bei der NATO, die seit vergangener Woche das Kommando über die Operation hat, intervenieren müsse, damit sie "sich endlich aus den libyschen Angelegenheiten heraushalten". Libyen solle den Libyern überlassen werden. Eine funktionierende Gesellschaft könne man nicht mit Raketen und Flugzeugen errichten. Die USA hatten bisher die Hauptlast der internationalen Luftangriffe gegen Stellungen der Gadafi-Truppen getragen.

Die militärische Intervention in seinem Land bezeichnet Gadafi laut AP als "ungerechten Krieg gegen ein kleines Volk eines Entwicklungslandes". "Sie sind ein Mann, der genug Mut aufbringen kann, eine fehlerhafte Entscheidung rückgängig zu machen", schreibe der bombardierte Machthaber, dessen Aufenthaltsort in Libyen nach wie vor unbekannt ist. Für den Erhalt des Weltfriedens, "die Freundschaft zwischen unseren Völkern" und zum Wohle der wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Kooperationen mit Libyen, müsse Obama die NATO-Operation stoppen. Einmal mehr behauptet Gadafi, dass die von ihm bekämpfte Rebellion von der Al-Kaida angeführt werde, wofür es - bei aller Unklarheit über die Motive der Revolutionäre in Libyen - nach wie vor keinen Anhaltspunkt gibt.

"Aber trotz allem wirst du unser Sohn bleiben"
Zu den bisherigen Militärschlägen - laut letzten NATO-Angaben vom Mittwoch wurden insgesamt über 400 Angriffe geflogen - meine Gadafi in dem Brief, sie hätten seinem Land mehr moralisch geschadet als physisch ("We have been hurt more morally than physically"), wobei dieser Satz bedeuten dürfte, dass ihn die Tatsache, dass Obama sein Land angreifen lasse, mehr verletze, als die US-Raketen in seinem Land Schaden anrichten konnten.

"Aber trotz allem wirst du unser Sohn bleiben, egal was passiert. Wir werden weiterhin dafür beten, dass du Präsident der Vereinigten Staaten bleibst", so Gadafi. Am Ende des Schreibens wünsche er Obama einen Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2012, für die Obama am Montag sein Antreten verkündet hatte.

Weißes Haus bestätigt Brief: "Nicht der erste"
Das US-Präsidialamt bestätigte den Empfang des Briefes rund zwei Stunden nachdem AP die Meldung verbreitet hatte. "Aber offensichtlich war es nicht der erste", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, kryptisch. Zum Inhalt, dass Gadafi Obama in dem Brief aufrufe, einen Stopp der von der NATO geführten Luftangriffe in Libyen zu veranlassen, sagte der Sprecher, die Position des Präsidenten sei klar. "Nicht Worte zählen, sondern Taten." Gadafi müsse die Gewalt gegen die Bevölkerung beenden und seine Truppen zurückziehen.

Auch US-Außenministerin Hillary Clinton betonte, die NATO-Angriffe würden erst aufhören, wenn Gadafi zurücktrete und Libyen verlasse. "Ich glaube nicht, dass es ein Geheimnis ist, was von Herrn Gadafi im Moment erwartet wird", sagte sie nach Angaben des Senders CNN.

UNO fordert "in ernster Sorge" eine Feuerpause
Indes fordern auch die Vereinten Nationen ein Ende der Gewalt gegen die Bevölkerung in Libyen und baten zugleich dringend um einen Waffenstillstand in der von Gadafi-Milizen belagerten und schwer umkämpften Stadt Misrata. "Ich bin in ernster Sorge wegen der humanitären Situation in der Stadt", sagte UNO-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos am Mittwochabend in New York. Nach 40 Tagen ständiger Gefechte seien nicht nur die etwa 300.000 Einwohner in einer verzweifelten Situation. Schlimmer ergehe es noch den Tausenden Ausländern und Flüchtlingen. Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und auch Strom und andere grundlegende Dinge seien längst knapp.

"Wir stehen mit Hilfsgütern bereit", sagte Amos, "Aber wir brauchen eine Feuerpause, um die Sachen zu den Menschen zu bringen, die sie notwendig brauchen". Wegen der heftigen Kämpfe könne niemand die Stadt verlassen. "Jetzt ist die Möglichkeit, aus der Stadt zu fliehen, eine Frage von Leben und Tod. Wir brauchen die Feuerpause auch, damit die Leute sich und ihre Familien in Sicherheit bringen können."

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