Die in der Fachzeitschrift "Physical Review Letters" veröffentlichte Arbeit stellt nach Angaben der Wissenschaftler einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem zukünftigen Quantencomputer dar, lieferte aber auch überraschende neue Erkenntnisse über das Phänomen der Verschränkung.
In der herkömmlichen Informationstechnologie ist das Bit die kleinste Informationseinheit, das zwei Zustände - etwa Ja/Nein oder 0/1 - einnehmen kann. Beim Quantencomputer sollen einzelne Teilchen als kleinste Einheit - genannt Quantenbit (Qubit) - dienen. Weil dabei die Gesetze der Quantenwelt gelten, kann sich ein Teilchen gleichsam im Schwebezustand zwischen zwei Möglichkeiten befinden, also nicht nur den Wert 0 oder 1 einnehmen, sondern auch alle Werte dazwischen.
Phänomen der "spukhaften Fernwirkung"
Verschränkt man zudem noch mehrere Quantenbits, bekommt man schon einen kleinen Quantencomputer, der bestimmte Probleme wesentlich schneller lösen kann als ein klassischer Computer. Verschränkung ist ein quantenmechanisches Phänomen, das schon Albert Einstein als "spukhafte Fernwirkung" bezeichnet hat. Sind zwei Teilchen miteinander verschränkt, so bleiben sie über beliebige Distanzen wie durch Zauberhand miteinander verbunden. Was immer man mit einem Teilchen tut, beeinflusst sofort auch den Zustand des anderen Teilchens.
2005 konnten die Physiker um Rainer Blatt vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften und dem Institut für Experimentalphysik der Uni Innsbruck erstmals acht Kalzium-Ionen - aufgefädelt wie Perlen - in einer elektromagnetischen Falle platzieren und durch gezielte Manipulation mit Lasern verschränken. Es war dies das erste "Quanten-Byte", ein kleiner Quantencomputer mit acht Recheneinheiten.
Problem der "Super-Dekohärenz"
Nun haben die Innsbrucker Wissenschaftler ihren Rekord nahezu verdoppelt: Es gelang ihnen, 14 Kalzium-Ionen in einer Falle aufzureihen und zu verschränken. Damit entsteht ein Quantenregister mit 14 Recheneinheiten. Sie haben dabei aber auch eine neue, überraschende Eigenschaft der Quantenwelt festgestellt: Die Empfindlichkeit gegenüber Störungen nimmt mit der Anzahl der verschränkten Teilchen nicht linear, sondern quadratisch zu. Je mehr Teilchen verschränkt werden, umso empfindlicher wird das System gegenüber Störungen. "Wir bezeichnen das als Super-Dekohärenz, ein Phänomen, das bisher in der Quanteninformation kaum wahrgenommen wurde", so Thomas Monz, Nachwuchsforscher im Team von Rainer Blatt, in einer Aussendung der Uni.
Die Innsbrucker Physiker schaffen es mittlerweile, bis zu 64 Teilchen in Ionenfallen zu fangen. Noch können sie allerdings diese große Zahl von Ionen nicht verschränken. Möglicherweise ist das aber auf dem Weg zu einem Quantencomputer gar nicht nötig. Erst vor wenigen Wochen hat Blatt und sein Team in der Fachzeitschrift "Nature" gezeigt, dass Ionen auch mittels elektromagnetischer Kopplung verschränkt werden können. Mehrere kleine Teilchenpakete kommunizieren dabei quasi per Funk miteinander. Mit dieser Methode ließen sich viele kleine Quantenregister auf einem Mikrochip effizient miteinander verknüpfen.
"Lego-Bausteine" für künftigen Quantencomputer
Diese verschiedenen Konzepte sind für Rainer Blatt "Lego-Bausteine" für einen zukünftigen Quantencomputer. "Jetzt geht es darum, diese zusammenzubauen und zu hoffen, dass das Haus nicht einstürzt", sagte der Physiker im Gespräch.
Bild: Universität Innsbruck
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